Ausgangspunkt der Entscheidung des BAG ist der Fall eines Arbeitnehmers, der für fast vier Jahre als Betriebsleiter beschäftigt war. 2023 erkrankte der Mann zu Beginn des Jahres bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April 2023 durchgehend, weshalb er seinen Urlaub aus diesem Jahr nicht in Anspruch nehmen konnte.
Beendet wurde das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch einen gerichtlichen Vergleich. Dabei verständigten sich die Parteien auf eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro und eine Kündigung durch den Arbeitgeber. In einer Ziffer des Vergleichs hieß es: "Urlaubsansprüche sind in natura gewährt.". Im Austausch vor dem Vergleich wies der Anwalt des Arbeitnehmers ausdrücklich darauf hin, dass auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht wirksam verzichtet werden könne. Unter Verweis auf die rechtlichen Bedenken erklärte sich die Arbeitnehmerseite dann jedoch mit dem Vergleich einverstanden.
Kein Verzicht auf Mindesturlaub in Vergleich
Dieses Einverständnis blieb jedoch nicht lange bestehen. Mit anschließender Klage verlangte der Mann von seinem Ex-Arbeitgeber, die sieben noch offenen Urlaubstage aus dem Jahr 2023 mit einem Betrag in Höhe von 1.615,11 Euro nebst Zinsen abzugelten. Der Verzicht darauf im vorausgegangenen Vergleich sei unwirksam. Das sieht das BAG nun genauso und weist die Revision des Arbeitgebers zurück (Urteil vom 03.06.2025 – 9 AZR 104/24).
Der Mann habe gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung seines nicht erfüllten gesetzlichen Mindesturlaubs. Der Urlaub sei nicht durch die Vergleichsziffer erloschen, so das Gericht. Denn wenn eine Klausel einen nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG unzulässigen Ausschluss des gesetzlichen Mindesturlaubs regele, sei sie nach § 134 BGB unwirksam. Weder der gesetzliche Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub noch ein erst künftig – mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses – entstehender Anspruch auf Abgeltung gesetzlichen Mindesturlaubs dürfe im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitsvertrag durch einen Vergleich beendet wird und klar ist, dass der Arbeitnehmer den Urlaub wegen Krankheit gar nicht wahrnehmen kann.
Der Prozessvergleich enthalte auch keinen Tatsachenvergleich, auf den § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG nicht anzuwenden wäre, so das BAG weiter. Ein solcher liegt vor, wenn Parteien sich nicht sicher sind, ob ein Anspruch tatsächlich besteht und diese Zweifel durch gegenseitiges Nachgeben aus dem Weg geräumt werden. Weil der Mann jedoch seit Anfang 2023 durchgehend arbeitsunfähig gewesen ist, bestehe kein Grund zu zweifeln, dass der Urlaubsanspruch tatsächlich bestehe.
Der Einwand des Arbeitgebers, dem Mann sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Anspruch zu berufen, blieb ebenfalls erfolglos. "Die Beklagte durfte nicht auf den Bestand einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung vertrauen", so das BAG.