Weder lag nach Ansicht der Hamburger Richter im Verlust seiner Zulassung ein Berufsverbot, noch hätte irgendein atypischer Fall es gerechtfertigt, dem Advokaten die Zulassung als europäischer Rechtsanwalt ausnahmsweise zu belassen. Der Deutsche, der im deutschen und im englischen Recht tätig war, war seit 1996 als Solicitor in Großbritannien zugelassen. Seit 2002 war er als europäischer Rechtsanwalt nach § 1 EuRAG bei der RAK Hamburg zugelassen gewesen. Neben der britischen besaß er auch die deutsche Staatsangehörigkeit und arbeitete von Hamburg aus. Hauptsächlich bearbeitete er Fälle mit Bezug zum deutschen und englischen Recht unter anderem aus dem Bereich des See- und Schifffahrtsrechts.
Die Kammer widerrief seine Zulassung, nachdem die britischen Anwälte (Advocate/Barrister/Solicitor) zum 1.1.2021 infolge des Brexits aus der Liste der europäischen Anwälte (Anlage zu § 1 EuRAG) gestrichen worden waren. Damit habe es, so nun auch der AGH, keine Grundlage mehr für eine weitere Kammerzugehörigkeit in einer deutschen Rechtsanwaltskammer gegeben.
AGH: Verlust der Zulassung wäre vermeidbar gewesen
Die Intensität des Eingriffs sei unbestritten hoch, räumte der Senat ein. Er diene aber dem Schutz der Rechtspflege, da eine britische Ausbildung keine Kenntnisse im deutschen Recht nachweise. Außerdem könne der Solicitor eine Zulassung als sogenannter WHO-Anwalt nach §§ 206 ff. BRAO beantragen, so dass er immerhin noch im englischen und im Völkerrecht beraten könnte.
Der Senat hielt dem Anwalt auch entgegen, dass er sich nicht rechtzeitig vor Änderung der EuRAG um eine Eingliederung in die deutsche Rechtsanwaltschaft nach § 11 EuRAG bemüht hatte. Die Norm erlaubt es ausländischen Anwälten, die als europäische Anwälte zugelassen sind, bei Nachweis einer dreijährigen Tätigkeit in Deutschland auf dem Gebiet des deutschen Rechts eine Zulassung als deutsche Rechtsanwälte zu erhalten.
Zwar sei die Änderung der EuRAG erst am 30.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden, aber der Regierungsentwurf sei schon im April 2020 veröffentlicht worden. Gerade von einem Anwalt, der im deutschen Recht berate, dürfe man, führte der AGH aus, erwarten, dass er wesentliche Gesetzgebungsverfahren beobachte. Seine Hoffnung auf einen "weichen" Brexit entlaste ihn nicht.