94. JuMiKo: Klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels
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© Soeren Stache / dpa

Ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels und ein Eintreten gegen jedweden Antisemitismus – hierauf haben sich die Justizminister und Justizministerinnen heute auf ihrer 94. Konferenz in Berlin eingeschworen. Weitere Beschlüsse ergingen unter anderem zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und zum Unerlaubten Entfernen vom Unfallort.

In ihrer Resolution zu Israel hat die JuMiKo deutlich gemacht, dass die Leugnung des Existenzrechts Israels den öffentlichen Frieden gefährdet. Das Strafrecht müsse solchen Gefährdungen des öffentlichen Friedens ausreichend Rechnung tragen. Sollten sich Schutzlücken im Hinblick auf das Existenzrecht Israels und den Schutz jüdischen Lebens, wie auch für den Erhalt des öffentlichen Friedens in Deutschland, offenbaren, gelte es, diese schnellstmöglich zu schließen.

Auf Initiative zahlreicher Bundesländer stellte die Justizministerkonferenz fest, dass auch die Verfahren und Institutionen des freiheitlich demokratischen Rechtsstaats auf unterschiedlichen Ebenen zunehmendem Druck ausgesetzt sind. Die Justizministerinnen und Justizminister waren sich einig, dass vorbeugende Maßnahmen im Bundes- und Landesrecht zu prüfen sind, um eine mögliche Schwächung des Rechtsstaats zu verhindern. Zur Stärkung der gesellschaftlichen Resilienz gegen Einflussnahme und Manipulation seien Ansatzpunkte insbesondere die Bekämpfung von Desinformation und Hassrede.

Die JuMiKo fasste auch einen Entschluss zur europäischen Lieferkettenrichtlinie: Sie fordert die Bundesregierung auf, sich bei den anstehenden Verhandlungen für deren rechtssichere und ausgewogene Ausgestaltung im Sinne deutscher Unternehmen – insbesondere von KMU – einzusetzen. 

Den Vorschlag von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur Entkriminalisierung der Unfallflucht lehnen die die Minister und Ministerinnen ab. Sie treten dafür ein, dass das Unerlaubte Entfernen vom Unfallort auch nach einem Sachschaden weiter strafbar bleibt, sind aber "offen für die Einführung einer digitalen Meldestelle für Verkehrsunfälle als Ergänzung zur bisher bestehenden Wartepflicht am Unfallort", wie Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) ausführt.

Digitale Europäische Prokura, Ermittlungen bei Umweltstraftaten, Änderungen im GVG, Fluggastrechte

Auf Initiative Nordrhein-Westfalens haben die Länder sich einstimmig für die Einführung einer Digitalen Europäischen Prokura auf EU-Ebene ausgesprochen. Der grenzüberschreitende Handel müsse vereinfacht werden, ein Baustein sei der Nachweis der Geschäftsvollmacht in vereinheitlichter und digitaler Form. Damit würden die Rechtssicherheit im Handel erhöht und die Transaktionskosten zugunsten der Unternehmen gesenkt. Die Prüfung von Wirkung und Reichweite einer Vollmacht nach 27 Einzelrechtsordnungen der Mitgliedstaaten entfiele.

Einstimmig schlossen sich die Länder dem Vorschlag Nordrhein-Westfalens auch insoweit an, als zukünftig bei schweren Umweltstraftaten die verdeckten Ermittlungsmaßnahmen aus der organisierten Kriminalität auch in den Strafverfahren bei Umweltdelikten angewandt werden sollen. Dass bisher im Umweltstrafrecht überwiegend nur sehr niedrige Strafen verhängt werden, liege auch an den nicht ausreichend wirksamen und effektiven Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden.

Zusammen mit Sachsen hat sich Nordrhein-Westfalen dafür eingesetzt, dass auch der Vorsitz eines gerichtlichen Spruchkörpers oder die Leitung eines Gerichts im Job-Sharing wahrgenommen werden kann. Dem stimmten die Länder überwiegend zu.

Eine Initiative aus Hamburg fordert vom Bund, die Passagierrechte im Flug- und Bahnverkehr zu stärken. Dem Beschluss zufolge sind weitere gesetzgeberische Maßnahmen notwendig, um die Durchsetzung bestehender Ansprüche auch tatsächlich zu ermöglichen und gleichzeitig die Belastung der Gerichte mit Fluggastklagen zu begrenzen. Hamburgs Justizministerin Anna Gallina (Grüne) wünschte sich hier verpflichtende Legal-Tech-Anwendungen bei den Flug- und Bahngesellschaften und den Abbau von Hürden für Passagiere bei Entschädigungen, etwa in Form von festen Anlaufstellen bei den Unternehmen.

Elektronischer Rechtsverkehr und Privatpersonen - Urheberrecht von Architekten bei Sanierungen

Auf eine Initiative aus Rheinland-Pfalz hin setzt sich die JuMiKo für eine erleichterte Einreichung höchstpersönlicher Erklärungen durch Privatpersonen im elektronischen Rechtsverkehr ein. Schwierigkeiten gebe es vor allem, wenn sich Bürgerinnen und Bürger im Fall einer Privatinsolvenz anwaltlich vertreten lassen, erläutert der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP). Während Rechtsanwälte - und anwältinnen Insolvenzanträge nur noch elektronisch einreichen dürften, könnten ihre Mandantinnen und Mandanten bestimmte höchstpersönliche Erklärungen nur in Papierform bei Gericht abgeben. Denn für eine elektronische Einreichung bedürfte es einer qualifizierten elektronischen Signatur – dafür hätten Privatpersonen aber meist nicht die nötige technische Ausstattung. 

Wie mehr Rechtssicherheit bei der Modernisierung urheberrechtlich geschützter Gebäude zu erreichen ist, zeigt der Bericht einer Länder-Arbeitsgruppe auf, den Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg auf der JuMiKo gemeinsam vorgestellt haben. Es geht um die Frage, wie die Nutzungsinteressen der Eigentümerinnen und Eigentümer von Bauwerken mit dem Urheberrecht von Architektinnen und Architekten an diesen Gebäuden in Einklang gebracht werden können, um Verzögerungen bei Sanierungen von Gebäuden zu reduzieren. Die Ministerinnen und Minister fordern Buschmann auf, die Empfehlungen der Arbeitsgruppe umzusetzen.

Schutz vor Stalkern, KI-Kriminalität, Strafbarkeit von Klimaklebern, LSBTIQ*-feindliche Straftaten

Auf Initiative Bayerns und Hamburgs fordert die Justizministerkonferenz, Personen besser vor heimlicher Überwachung durch Bluetooth-Tracker und Peilsender zu schützen. Zuletzt seien Fälle bekannt geworden, in denen Stalker sogenannte AirTags einsetzten, um ihre Opfer auszuspionieren, meldet das bayerische Justizministerium. Der verschärfte Stalking-Paragraf erfasse Tracker nicht rechtssicher.

Das Bundesjustizministerium möge auch den Schutz vor Kriminalität unter Einsatz künstlicher Intelligenz im Blick haben, so die Justizminister und -ministerinnen. Sie fordern das Bundesjustizministerium auf, zusammen mit einer Expertengruppe aus Vertretern von Justiz und IT-Sicherheitsforschung den rechtspolitischen Handlungsbedarf angesichts des technologischen Fortschritts zu klären.

Die Aktionen der Letzten Generation veranlassten die Minister und Ministerinnen, den Bund um Prüfung zu bitten, ob die bestehenden Strafrahmen dem Unrecht gerecht werden, wenn Aktivisten im Kampf um den Klimaschutz die Gesundheit und das Leben anderer Menschen gefährden.

Mit Blick auf LSBTIQ*-feindliche Straftaten haben die Länder einer hessischen Initiative zugestimmt, die vorhandenen Strukturen zu bündeln und besser zu vernetzen. So soll ein möglichst einheitliches Schutzniveau erreicht werden.

Umsetzung des DSA, keine Verfassungsfeinde als Gutachter, Jugendkriminalität, Kinderfotos in sozialen Netzwerken

Beim Digitale-Dienste-Gesetz, mit dem die Bundesregierung den Digital Services Act (DSA) in Deutschland umsetzen will, fordert die JuMiKo Nachbesserungen in zwei Punkten. Der DSA bringe insgesamt Fortschritte im Kampf gegen Hasskriminalität. Beim Melden und Löschen strafbarer Inhalte drohen jedoch Schutzlücken, die der Bundesjustizminister so weit wie möglich beseitigen muss, erläutert Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU).

Auch mit der Verhinderung von Verfassungsfeinden als Sachverständige oder Gutachter bei Gericht beschäftigte sich die Konferenz: Hier soll geprüft werden, ob der Informationsaustausch zwischen Justiz und Sicherheitsbehörden dazu ausreicht.

Diskutiert wurde auch die ansteigende Jugendkriminalität: Der Bundesjustizminister wird gebeten, eine Studie zu Jugendgewaltkriminalität erstellen zu lassen, sagte Eisenreich. Ziel dabei sei eine Verbesserung der Prävention.

Schutz von Kindern vor der Veröffentlichung von Fotos in sozialen Netzwerken durch ihre Eltern: Vor allem wenn professionelle oder semi-professionelle Influencer solche Bilder ins Internet stellen, um Geld zu verdienen, sieht die Hamburger Justizsenatorin, Anna Gallina (Grüne), Handlungsbedarf. Ein dazu vorgelegter Beschluss fand aber keine Mehrheit. Man war sich aber einig, dass das Thema bei der nächsten Konferenz erneut auf die Tagesordnung soll.

Redaktion beck-aktuell, bw, 10. November 2023 (ergänzt durch Material der dpa).