Plötzlicher Tod in der Badewanne
In der Nacht zum 01.07.1968 wird Fritz Bauer tot in der Badewanne seiner Wohnung aufgefunden. Der plötzliche Tod des hessischen Generalstaatsanwalts kurz vor seinem Rentenalter sollte die Verfolgung der sogenannten Euthanasie-Morde in der Nazi-Zeit zunichte machen, die Bauer energisch betrieben hatte. Dem unerschrockenen Juristen war es fünf Jahre zuvor gelungen, mit den Frankfurter Auschwitz-Prozessen auch international ein Zeichen zu setzen. Nach jahrelanger Verdrängung der millionenfachen Verbrechen der Nationalsozialisten unternahm das Land der Täter in den bis 1965 dauernden Verfahren zumindest den Versuch, den Völkermord an den Juden strafrechtlich aufzuarbeiten.
Bundesweit zog Bauer alle Verfahren an sich
Als oberster Staatsanwalt in Hessen hatte Bauer das Verfahren bundesweit an sich gezogen - gegen alle Widerstände. "Wenn ich mein Dienstzimmer verlasse, betrete ich feindliches Ausland", soll Fritz Bauer einmal gesagt haben. Der Generalstaatsanwalt musste sich mit Richtern und Staatsanwälten aus der Nazi-Zeit herumschlagen, die nach 1945 weiter im Staatsdienst blieben und oft seine Arbeit sabotierten.
Fritz Bauer war vor dem Krieg jüngster Amtsrichter Deutschlands
Der am 16.07.1903 in Stuttgart geborene Fritz Bauer stammte aus einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie. Er war von seiner Biografie her einer der wenigen Unbelasteten im Justizapparat der Bundesrepublik. Schon als 17-Jähriger engagierte er sich in der SPD. 1930 wurde er mit 26 Jahren jüngster Amtsrichter Deutschlands. Drei Jahre später kam er nach der Machtübernahme der Nazis in Haft. 1936 floh er nach Dänemark und später nach Schweden. Mit Willy Brandt gründete er dort eine Exil-Zeitschrift. 1949 kehrte Bauer in seine Heimat zurück, um ein demokratisches Justizwesen mit aufzubauen. Er wurde Generalstaatsanwalt in Niedersachsen. 1956 holte ihn Hessens Regierungschef Georg August Zinn (SPD) in dieser Funktion nach Frankfurt.
Entscheidender Tipp zum Aufenthaltsort Eichmanns kam von Bauer
In den Jahren darauf ließ er von seinen Mitarbeitern über 1000 Zeugen vernehmen und bereitete den Auschwitz-Prozess gegen die SS-Wachmannschaften vor. Er gab den Israelis auch den entscheidenden Tipp zum Aufenthalt von Adolf Eichmann. Der ehemalige SS-Obersturmbannführer, der die Massendeportationen der Juden in die Vernichtungslager organisiert hatte, wurde 1960 vom Geheimdienst Mossad aus Argentinien entführt und zum Prozess nach Jerusalem gebracht.
Bauer wollte Aufklärung, keine Vergeltung
Bauer ging es dabei nicht um persönliche Rache, sondern um Aufklärung. Er galt als überzeugter Anhänger eines humanen Strafrechts, das nicht mehr auf Vergeltung beruhen sollte. Die Ursachen für Auschwitz sah er vor allem im autoritären Charakter der deutschen Gesellschaft und der mangelnden Zivilcourage. Letztlich war sein Kampf vor Gericht aber eher von symbolischer Bedeutung. 8.000 Deutsche waren allein in der einen oder anderen Weise vor Ort an den Auschwitz-Verbrechen beteiligt. Von deutschen Gerichten sind lediglich 40 strafrechtlich belangt worden. Auch der Auschwitz-Prozess in Frankfurt endete mit relativ glimpflichen Strafen, weil sich die Täter zu Befehlsempfängern erklärten.
Nach seinem Tod geriet Bauer zunächst in Vergessenheit
Privat war das Leben für Bauer, einen schwäbelnden Kettenraucher mit grauer Mähne und großer Hornbrille, nicht einfach. In der Nachkriegszeit konnte er weder sein Judentum ausleben noch seine homosexuellen Neigungen, da dies damals in Deutschland noch unter Strafe stand. Nach seinem Tod geriet Bauer erst einmal in Vergessenheit. Erst als sich Gesellschaft und Politik in der Bundesrepublik Jahre später ohne Wenn und Aber zur Aufarbeitung der NS-Geschichte bekannten, wurden Mut und Energie des Staatsanwalts entsprechend gewürdigt. 1995 wurde in Frankfurt von Stadt und Land das inzwischen renommierte Fritz-Bauer-Institut gegründet, das sich der Erforschung der nationalsozialistischen Massenverbrechen widmet.
Filme und UNESCO stärken Erinnerung
Gleich mehrere Spiel- und Fernsehfilme haben sich in den vergangenen Jahren mit Leben und Wirken des "Nazi-Jägers" beschäftigt. Bauer hätte sich sicherlich nicht träumen lassen, dass 50 Jahre nach seinem Tod die Auschwitz-Tonbänder aus dem von ihm initiierten Prozess zum "Gedächtnis der Welt" gehören. Das hat die UNESCO vor wenigen Monaten beschlossen.
Gedenkakt in denkwürdiger Kirche
Am 01.07.2018 wird zum 50. Todestag in einem Gedenkakt in der Frankfurter Paulskirche an Bauers Wirken erinnert. Dort hatte vor 170 Jahren auch die erste demokratische Nationalversammlung der Deutschen getagt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, selbst Jurist, wird ebenfalls erwartet.