BRAK fragt erneut nach Auswirkungen der Corona-Krise auf die Anwaltschaft

In der Zeit von Ende Mai bis Anfang Juni hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) eine dritte Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Anwaltschaft durchgeführt, um die sich durch die Pandemie ergebenden Entwicklungen weiter begleiten und den Unterstützungsbedarf innerhalb der Anwaltschaft besser ermitteln zu können. Anwälte scheinen von der Krise etwas weniger wirtschaftlich bedroht zu sein als noch im vergangenen Herbst. Gleichwohl ist die aktuelle Lage keineswegs als entspannt zu bezeichnen, so eines der Umfrageergebnisse.

Mandatsrückgänge und Verfahrensverzögerungen beklagt

Nach wie vor sind laut BRAK deutliche Mandatsrückgänge zu verzeichnen und noch immer geht ein nicht unerheblicher Teil der Anwaltschaft davon aus, die Krise wirtschaftlich nicht überwinden zu können. Die Digitalisierung in der Justiz scheine derweil kleinere Fortschritte zu machen. Nach wie vor zu beklagen seien erhebliche Verfahrensverzögerungen.

Leichte Verbesserung der wirtschaftlichen Situation

Etwas verbessert habe sich die wirtschaftliche Situation, was Außenstände bei Mandanten anbelangt. Während bei der letzten Umfrage noch ein Drittel mehr offene Rechnungen als vor der Pandemie zu beklagen hatte, seien dies nun nur noch knapp über 24%. Im Herbst hätten noch 52,9% aller Teilnehmer weniger neue Mandate (kein einziges Mandat bis 5% weniger Mandate) zu verzeichnen gehabt; aktuell seien dies "nur" noch rund 35%. Fast 53% aller Befragten hätten aufs Ganze gesehen allerdings Umsatzeinbußen zu verzeichnen.

Pessimismus nach wie vor hoch

Besorgniserregend bleibt laut Umfrage der Anteil derjenigen, die glauben, die Krise wirtschaftlich nicht überwinden zu können. Von einem Zehntel der Befragten im Herbst habe sich der Anteil der Betroffenen nur minimal auf 8,78% verringert. Diejenigen, die demgegenüber davon ausgehen, sich wirtschaftlich erholen zu können, blickten etwas optimistischer in die Zukunft als noch im vergangenen Jahr. Knapp 22% (zuvor 40%) gingen davon aus, die Einbußen nach einem Jahr überwunden zu haben, über 9% (im Herbst noch 16,8%) rechneten mit einem Zeitrahmen von zwei Jahren bis zum wirtschaftlichen Ausgleich. Knapp 13% sähen sich nun in sechs Monaten wirtschaftlich über dem Berg.

Verbesserungsbedarf bei modernen Verfahrenshandlungen

Im Bereich moderner Verfahrenshandlungen bestehe noch akuter Verbesserungsbedarf, meldet die BRAK: Insgesamt sei der Anteil an Verfahrenshandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragungen im Verhältnis zu den von den Anwälten seit Jahresbeginn insgesamt absolvierten Verfahrenshandlungen noch sehr unwesentlich. Fast 74% hätten angegeben, an überhaupt keinen derartigen Verhandlungen teilgenommen zu haben. 19% hätten einen Anteil von Videoverhandlungen von 5% bis 15%, 3,3% einen Anteil von 15% bis 30% und knapp unter 2% einen Anteil von über 50% angegeben.

Wahrnehmung: Technische Ausstattung der Gerichte unverändert

Neu abgefragt wurde die Einschätzung der Anwälte zur technischen Ausstattung der Gerichte. 58,9% gaben laut BRAK an, dass die Ausstattung ihrer Wahrnehmung nach auch während der Pandemie gleichgeblieben ist. Lediglich 15% hätten den Eindruck, dass sich die Ausstattung der Gerichte verbessert und deutlich mehr Videoverhandlungen durchgeführt wurden. 26% meinten, dass sich die Ausstattung zwar verbessert hat, aber gleichwohl nicht mehr Videoverhandlungen stattfinden.

Noch immer Verfahrensverzögerungen bei Gerichtsverhandlungen

Die Forderungen aus dem zweiten Positionspapier der AG zur Sicherung des Rechtsstaates der BRAK aus Dezember 2020 seien damit laut Studie insgesamt noch immer nicht zufriedenstellend umgesetzt, so die BRAK. In technischer Hinsicht und auch im Hinblick auf das Verfahrensmanagement der Gerichte bestehe nach wie vor Verbesserungsbedarf, wie die Umfrage zeige. Auch hinsichtlich der Verfahrensverzögerungen bei Gerichtsverhandlungen zeigten sich nur leichte Verbesserungen: Noch immer gäben rund 40,6% (zuvor 47,21%) aller Befragten an, dass es zu Verfahrensverzögerungen von durchschnittlich mehr als acht Wochen gekommen sei. 3,39 % (zuvor 2%) nannten Verzögerungen von bis zu zwei Wochen, 15,32% (vorher 12,32%) von bis zu vier Wochen, 20,67% (im Herbst noch 27,35%) von bis zu acht Wochen.

BRAK fordert technische Aufrüstung der Gerichte

"Die Auswertung zeigt erneut, dass die Aktivitäten der BRAK seit Frühjahr 2020 angezeigt und sachgerecht waren, denn die Anwaltschaft war und ist von der Pandemie betroffen", meint BRAK-Präsident Ulrich Wessels. Enttäuscht zeigt er sich von der immer noch nicht zufriedenstellenden technischen Ausstattung der Gerichte. Insbesondere im Hinblick auf den Pakt für den Rechtsstaat und die Forderungen der BRAK sei dies mehr als bedauerlich, hätte doch eine rasche Aufrüstung der Gerichte helfen können, Verfahrensverzögerungen und damit einen zumindest vorübergehenden Stillstand der Rechtspflege zu vermeiden. Hier müsse dringend nachgebessert werden, so Wessels.

Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2021.