Urteilsanalyse
Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei einem Assekuradeur
Urteilsanalyse
urteil_lupe
© Stefan Yang / stock.adobe.com
urteil_lupe

Der Zulassung eines Anwalts als Syndikusrechtsanwalt steht es - so der AGH Nordrhein-Westfalen - nicht entgegen, wenn er bei einem Assekuradeur, der eigene Versicherungsprodukte entwickelt, die als eigene Marke auf einer Internetplattform vertrieben werden, die Produktentwicklung rechtlich begleitet, da sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Produkte des Arbeitgebers bezieht.

30. Sep 2021

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 19/2021 vom 30.09.2021

Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Vergütungs- und Berufsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Vergütungs- und Berufsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Vergütungs- und Berufsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de

Sachverhalt

Die beklagte Rechtsanwaltskammer hat einen Anwalt als Syndikusrechtsanwalt zugelassen, der für einen Assekuradeur arbeitet, der insbesondere eigene Versicherungsprodukte für gewerbliche kleine und mittlere Unternehmen sowie Berufsträger der freien Berufe entwickelt, die dann auf einer Internetplattform vertrieben werden. Zu den Aufgaben des Anwalts gehört unter anderem die rechtliche Begleitung der Produktentwicklung. Die Klägerin hat die Zulassung mit der Begründung angefochten, der Anwalt sei nicht nur für seine Arbeitgeberin, sondern auch für deren Kunden tätig.

Entscheidung: Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten der Arbeitgeberin, da sie sich auf deren Produkte bezieht

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt setze gemäß § 46 Abs. 5 BRAO voraus, dass sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt. Jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers schließe unabhängig von deren Umfang grundsätzlich eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt aus. Auch die nur vereinzelte Beratung von Kunden des Arbeitgebers stehe einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegen.

Hier sei der Anwalt im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses nur für seine Arbeitgeberin tätig. Das Unternehmen verfolge mit der Entwicklung eigener Versicherungsprodukte eine eigene Geschäftstätigkeit, für die sie von ihren Kunden auch die Courtage erhalte. Dies gelte unabhängig davon, dass die eigentliche Versicherungspolice von einem Versicherer ausgestellt sei und dieser letztlich das Risiko trage. Die von dem Unternehmen entwickelten Versicherungsprodukte würden als eigene Marke auf einer Internetplattform vertrieben und von den Kunden auch als dessen Produkte erkannt und wahrgenommen. Die Tätigkeiten des Anwalts bezögen sich auf diese Produkte und seien damit Tätigkeiten für seine Arbeitgeberin.

Praxishinweis

Der Bundesgerichtshof vertritt die Auffassung, dass jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers unabhängig von deren Umfang grundsätzlich eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ausschließt. In dem vom BGH entschiedenen Fall wurden «auch einige Kunden in Datenschutzbelangen rechtlich beraten» (BGH, Urteil vom 22.06.2020 -  AnwZ (Brfg) 23/19, BeckRS 2020, 16791). Der AGH Nordrhein-Westfalen wendet diese Grundsätze zutreffend an, kommt aber gleichwohl zur Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt, weil sich seine Tätigkeit auf Produkte seiner Arbeitgeberin bezog und er somit für seine Arbeitgeberin tätig wurde.

AGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.08.2021 - 1 AGH 35/20, BeckRS 2021, 26177