Anmerkung von
Rechtsanwalt Sebastian Menke, LL.M., BUSSE & MIESSEN Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin
Aus beck-fachdienst Medizinrecht 06/2022 vom 03.06.2022
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Sachverhalt
Der Kläger war Chefarzt einer Klinik für Orthopädie, spezieller Orthopädie und Sportmedizin. Er verfügte über die Weiterbildungsbefugnis für die Weiterbildungsstätte der Krankenhausabteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie für die Basisweiterbildung Chirurgie. Im Rahmen einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung verpflichtete sich der Kläger im Rahmen eines geschlossenen Vergleiches ein Weiterbildungszeugnis gegenüber einem Assistenzarzt auszustellen. In einem anschließenden Beschwerdeverfahren vor der Ärztekammer kam diese zu dem Ergebnis, dass in dem ausgestellten Zeugnis falsche Angaben enthalten waren. Das Verfahren wurde durch die Ärztekammer eingestellt.
In einem weiteren Verfahren wurde festgestellt, dass der Kläger auch bei einem anderen Assistenzarzt sowohl im Weiterbildungszeugnis selbst als auch in dem beigefügten Operationstagkatalog nachweislich falsche Angaben getätigt hatte.
Die Ärztekammer widerrief daraufhin mit Bescheid vom 26. Juni 2020 die Weiterbildungsbefugnis des Klägers für die Weiterbildungsstätte in der Krankenhausabteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Hiergegen erhob dieser Klage mit dem Begehren, den Bescheid über den Widerruf aufzuheben.
Entscheidung
Die zulässige Klage wurde durch das Verwaltungsgericht Minden als unbegründet abgewiesen.
Das Gericht führte aus, dass durch die vom Kläger nachweislich falschen Angaben in mehreren Fällen Zweifel an dessen persönlicher Eignung nach § 37 Abs. 4 HeilBerG nicht auszuräumen seien. Nach Auffassung des Gerichts ist eine Weiterbildungsbefugnis nicht nur dann zu widerrufen, wenn die erforderliche Eignung nicht positiv festgestellt werden könne, sondern bereits dann, wenn bestehende Zweifel an der Eignung nicht ausgeräumt werden könnten. Derartige Zweifel seien dann berechtigt, wenn durch den weiterbildenden Arzt unrichtige Angaben im Weiterbildungszeugnis gemacht und durch Angaben im Operationskatalog zu vertuschen versucht wurden. Diese fehlerhaften Angaben seien hierbei stets mit Blick auf den Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) abzuwägen.
Im hiesigen Verfahren berücksichtigte das Gericht im Rahmen der Abwägung der jeweiligen Schutzgüter zu Lasten des Klägers, dass sich dieser in den vorangegangenen Verfahren nicht einsichtig gezeigt und sogar noch versucht habe, etwaige falsche Angaben in den Weiterbildungszeugnissen zu vertuschen bzw. zu rechtfertigen. Es sei daher davon auszugehen, dass dem Kläger auch zukünftig die persönliche Eignung als weiterbildungsbefugter Arzt fehlen werde.
Praxishinweis
Die Ausfertigung von Weiterbildungszeugnissen wird in der Praxis vielfach nur nachrangig beachtet und vielfach als „lästige Pflicht“ angesehen. Entsprechend wenig Beachtung wird bei der Anfertigung der Zeugnisse und den notwendigen OP-Katalogen etc. gewidmet. Das die Ausstellung der Weiterbildungszeugnisse eine originäre und höchstpersönliche Pflicht des weiterbildungsbefugten Arztes darstellt und zum Entzug der prestigeträchtigen und für das Krankenhaus oft wichtigen Weiterbildungsbefugnis ist, macht dieses Urteil deutlich. Die Entscheidung ist richtig und sollte dazu beitragen der Ausfertigung von Weiterbildungszeugnissen mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
VG Minden, Urteil vom 07.12.2021 - 7 K 1887/20, BeckRS 2021, 44878