Urteilsanalyse
Widerruf der Approbation als Arzt wegen Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs
Urteilsanalyse
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Die Approbation eines Arztes ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist. Das ist der Fall, wenn eine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit des Arztes zur weiteren Ausübung des Berufs gegeben ist. Unzuverlässig ist nach einer Entscheidung des Bay. VGH, wer aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf als Arzt ordnungsgemäß ausüben wird.

6. Dez 2021

Anmerkung von 
Rechtsanwalt Sebastian Menke, BUSSE & MIESSEN Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin
 
Aus beck-fachdienst Medizinrecht 12/2021 vom 03.12.2021

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Sachverhalt

Der Antragsteller war seit 1.9.2018 als Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie in seiner Privatpraxis tätig. Im April 2019 wurden die Praxisräume des Antragstellers aus Anlass von Patientenbeschwerden nach vorheriger Ankündigung durch das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (Gesundheitsreferat) infektionshygienisch überprüft. Dabei wurden bauliche Mängel, Umstände unzureichender Patientensicherheit, Verstöße gegen die Bayerische Medizinhygieneverordnung, und weitere hygienische Mängel festgestellt. Am 1.10.2019 erfolgten eine weitere Praxisbegehung durch das Gesundheitsreferat und das Gewerbeaufsichtsamt von Oberbayern sowie eine Durchsuchung durch die Polizei aufgrund eines strafgerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses; zum damaligen Zeitpunkt hatten bereits zehn Patienten des Antragstellers Strafanzeige wegen des Verdachts der Körperverletzung gegen den Antragsteller gestellt. Das Gewerbeaufsichtsamt untersagte ihm dabei mündlich die Anwendung von in der praxiseigenen Sterilgutaufbereitung aufbereiteten kritischen Medizinprodukten. Das Gesundheitsreferat ordnete an, dass ab sofort keine weiteren Eingriffe im OP-Raum der Praxis durchgeführt werden dürfen. Zudem untersagte es dem Antragsteller die weitere Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr. Nachträglich wurde beim Antragsteller Haar-, Blut- und Urinproben genommen, die positive Befunde für unterschiedene Narkotika zeigten.

Am 29.10.2019 bestätigte das Gesundheitsreferat die mündlich verfügte Anordnung und ordnete deren sofortige Vollziehung an. Dagegen erhob der Antragsteller Klage und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung derselben. Über diese Verfahren ist noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 30.10.2019 widerrief die Regierung von Oberbayern die Approbation des Antragstellers als Arzt. Dagegen erhob er Klage zum VG München. Mit Beschluss vom 23.7.2021 lehnte das VG München den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ab. Dagegen erhob er Beschwerde.

Entscheidung

Das VGH München wies die Beschwerde zurück.

Aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen ergebe sich nicht, dass die nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen.

Die Approbation als Arzt sei nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen sei, sich also ein Arzt nach Erteilung der Approbation eines Verhaltens schuldig gemacht habe, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des ärztlichen Berufs ergebe. Unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO sei, wer aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür biete, dass er in Zukunft seinen Beruf als Arzt ordnungsgemäß ausüben werde.

In diesem Sinne habe das VG festgestellt, dass die Annahme der Unzuverlässigkeit des Antragstellers zur weiteren Ausübung des ärztlichen Berufs zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses schon allein und selbständig tragend dadurch gerechtfertigt gewesen sei, dass der Antragsteller beim Betrieb seiner Praxis gegen seine beruflichen Pflichten in Bezug auf Hygiene, Infektionsprävention und Patientensicherheit verstoßen habe, wobei erschwerend die aus seinem Verhalten ersichtliche Missachtung behördlicher Anordnungen, die zum Schutz der Patienten ergangen seien, hinzukomme. Ferner sei das VG nicht daran gehindert, seiner Entscheidung Erkenntnisse zugrunde zu legen, von denen die Regierung von Oberbayern im streitgegenständlichen Bescheid vom 30.10.2019 nicht ausgegangen sei bzw. die erst nach Erlass dieses Bescheids zutage getreten seien.

Praxishinweis

Nach Art. 46 BayVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil der Verwaltungsakt unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

VGH München, Urteil vom 14.09.2021 - 21 CS 21.2087 (VG München), BeckRS 2021, 30631