Urteilsanalyse
Wettbewerbsverstoß durch falsche Facharztbezeichnung
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Die Bezeichnung eines Arztes als Facharzt für Hypnose, Sexualmedizin und Raumfahrtmedizin stellt nach einem Urteil des Landgerichts Koblenz eine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung dar und ist wettbewerbswidrig. 

8. Nov 2021

Anmerkung von 
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Sebastian Braun, LEX MEDICORUM, Kanzlei für Medizinrecht, Leipzig
 
Aus beck-fachdienst Medizinrecht 11/2021 vom 05.11.2021

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Sachverhalt

Bei dem Verfügungsbeklagten handelte es sich um einen niedergelassenen Privatarzt. Dieser war Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Per E-Mail machte er potenzielle Interessenten darauf aufmerksam, dass er künftig einzigartige Therapieverfahren - per Fernbehandlung - in der „faszinierenden Welt der Raumfahrtmedizin“ anbieten werde. Konkret bot er Raumfahrt- und Regulationsmedizin in Form von Fachgesprächen über Telefon und Video an. Der betroffene Mediziner bezeichnete sich in dem Kontext u. a. als Facharzt für Hypnose, Sexualmedizin und Facharzt für Raumfahrtmedizin. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bezog sich auf eine entsprechende Unterlassung der Werbung und Bezeichnung.

Entscheidung

Das LG Koblenz bestätigte, dass der Arzt diese Form der Werbung und Facharztbezeichnung künftig nicht mehr wählen darf. Dabei stellte das Gericht nachvollziehbar auf § 3 UWG ab, der unlautere geschäftliche Handlungen als unzulässig einstuft. Als unlauter gelte gemäß § 5 ebenfalls eine irreführende geschäftliche Handlung, die geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

In dem Kontext stellte das Landgericht zunächst klar, dass bereits die Werbung mit der Fernbehandlung einen Verstoß gegen § 9 Satz 1 HWG darstelle. Danach ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen beruhe, unzulässig. § 9 Satz 2 HWG sehe eine Ausnahme bei der Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgten, nur dann vor, wenn nach allgemein anerkannten medizinischen Standards ein persönlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich sei. Dass ein solcher Umstand vorliegend gegeben ist, sei durch den Arzt nicht hinreichend dargelegt worden, sodass er sich nicht auf die Ausnahmeregelung berufen könne.

Darüber hinaus stellte das LG klar, dass auch die Bezeichnung als Facharzt für Hypnose, Sexualmedizin und Raumfahrtmedizin unzulässig und als unlauter im Sinne von § 5 UWG einzustufen sei. Schließlich impliziere der Facharztbegriff, dass der betreffende Arzt die behauptete Spezialisierung aufgrund entsprechender Kenntnisse - sowohl im theoretischen als auch praktischen Bereich - vorweisen könne. Wenn die jeweils gültige Weiterbildungsordnung den entsprechenden Facharzttitel überhaupt nicht kenne, sei von einer unzulässigen Facharztbezeichnung auszugehen. Insoweit habe der Verfügungsbeklagte diese Anforderungen nicht erfüllt, da die von ihm genutzten Facharztbezeichnungen - wie zum Beispiel Hypnose, Sexualmedizin und Raumfahrtmedizin - überhaupt nicht existierten. Zudem könnten durch diese Bezeichnungen Patienten dazu bewogen werden, sich von diesem Arzt nur aufgrund des vermeintlichen Facharzttitels behandeln zu lassen.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist in ihrem Ergebnis in keiner Form überraschend. Selbstverständlich ist eine Werbung mit einer Facharztbezeichnung, die nicht existiert und durch die sich der Arzt einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ärzten verschaffen will, unzulässig. Der Fall zeigt die entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen auf, allerdings kann das Verhalten auch berufsrechtlich durch die jeweils zuständige Ärztekammer beanstandet werden. Nicht abschließend geklärt ist, ob das unberechtigte Führen einer Facharztbezeichnung von § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst ist (so wohl tendenziell LK/Krauß § 132a Rn. 36) und daher eine Strafbarkeit wegen Titelmissbrauchs vorliegt. Gegen die generelle Annahme der Strafbarkeit spricht, dass § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB einen abschließenden Katalog von Berufsbezeichnungen aufzählt, deren unberechtigtes Führen strafrechtlich sanktioniert wird. Die insoweit genannte Berufsbezeichnung „Arzt“ knüpft an das Vorhandensein einer ärztlichen Approbation gemäß § 2 BÄO an. Sofern diese – wie im vorliegenden Fall – vorhanden ist, dürfte zumindest die Strafbarkeit ausscheiden, wenn sich der approbierte Arzt mit einer Facharztbezeichnung schmückt. Ähnlich verhält es sich auch bei Rechtsanwälten, die von § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB ebenfalls erfasst sind. Insoweit entspricht es der herrschenden Meinung, dass das unberechtigte Führen einer Fachanwaltsbezeichnung zwar wettbewerbswidrig ist, jedoch keine strafrechtliche Relevanz entfaltet (Fischer, StGB, § 132a Rn. 13; SSW/Jeßberger, § 132a Rn. 11).

LG Koblenz, Urteil vom 20.07.2021 - 1 HK O 29/21, GRUR 2021, 20361