Der europäische Gesetzgeber hat prinzipiell ein weites Ermessen bei der Wahl seiner Handlungsform, das auch einen Wechsel von einer Richtlinie zu einer Verordnung umfasst. Sein Ermessen wird aber durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt, wie Art. 296 UAbs. 1 AEUV vorschreibt. Will der Gesetzgeber eine Richtlinie durch eine Verordnung ersetzen, muss er insbesondere für die Erforderlichkeit dieses neuen Rechtsakts gute Gründe nennen können. Eine Richtlinie, die nur hinsichtlich ihres Ziels verbindlich ist, ist gegenüber einer Verordnung, die auch den Weg der Zielerreichung vorgibt, schließlich regelmäßig das mildere Mittel.
Ein Wechsel von der Richtlinie zur Verordnung ist demnach nicht zwingend problematisch. Er ist vielmehr sogar geboten, wenn sich herausstellt, dass eine Richtlinie ihr Ziel nicht effektiv erreicht – etwa, weil einzelne Mitgliedstaaten ihre Vorgaben nicht rechtzeitig oder ordnungsgemäß umgesetzt haben oder weil der Sachverhalt, den die Richtlinie regelt, so komplex geworden ist, dass eine unionseinheitliche Detailregelung nötig wird. Ein vergleichbarer Grund für den Wechsel der Handlungsform muss aber in jedem Fall vorliegen und – siehe Art. 296 UAbs. 2 AEUV – in der Begründung zur Verordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nachvollziehbar dargelegt werden.
Nicht immer gelingt das. So gibt die Europäische Kommission zum Beispiel in ihrer Begründung der Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste zur (in großen Teilen wortgleichen) Übernahme der Haftungsprivilegien für Provider aus der E-Commerce- Richtlinie an, diese sei geboten, um eine wirksame Harmonisierung zu garantieren und eine rechtliche Fragmentierung zu vermeiden.