Urteilsanalyse
Wahlrecht des Insolvenzverwalters zwischen Vergütung nach RVG und InsVV
Urteilsanalyse
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Der Verwalter, der eine Aufgabe selbst wahrnimmt, mit der er zulässigerweise einen Rechtsanwalt hätte beauftragen können, hat den Vorteil, wählen zu können, ob er seine Vergütung nach dem RVG oder nach der InsVV geltend macht. Entscheidet er sich für letztere, darf er nach Ansicht des BGH nicht erwarten, zumindest so gestellt zu werden, als hätte er die Vergütung nach dem RVG gewählt.

13. Jan 2023

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 01/2022 vom 12.01.2023

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Sachverhalt

Der vom AG im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bestellte Insolvenzverwalter beantragte, seine Vergütung unter Berücksichtigung eines Zuschlags zu der Regelvergütung festzusetzen. Dem kam das AG nach. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners setzte das LG die Vergütung herab. Dem Insolvenzverwalter stehe nur die Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV zu. Eine Abweichung vom Regelsatz sei nicht gerechtfertigt. Ein Zuschlag könne auch nicht damit begründet werden, dass der Insolvenzverwalter einen Teil seiner Tätigkeit nach dem RVG hätte abrechnen können. Der Insolvenzverwalter legte die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde ein.

Entscheidung: Angemessenheit eines Zuschlags bei Wahl der Vergütung nach InsVV systemimmanent zu beurteilen

Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

Die Zuerkennung nur der Regelvergütung sei nicht zu beanstanden. Im Rahmen der eingeschränkten Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren sei eine Maßstabsverschiebung zum Nachteil des Insolvenzverwalters nicht erkennbar. Ihm sei für seine Tätigkeit auch nicht bereits deshalb ein Zuschlag zu gewähren, weil er sich diese Tätigkeiten auch nach dem RVG hätte vergüten lassen können. Der Verwalter, der eine Aufgabe selbst wahrnehme, mit der er zulässigerweise einen Rechtsanwalt hätte beauftragen können, habe den Vorteil, wählen zu können, ob er seine Vergütung nach dem RVG oder nach der InsVV geltend mache. Entscheide er sich für letztere, dürfe er nicht erwarten, zumindest so gestellt zu werden, als hätte er die Vergütung nach dem RVG gewählt. Wähle er im Fall einer Masseerhöhung die massebezogene Vergütung nach der InsVV, nicht die gegenstandswertbezogenen Gebühren nach dem RVG, könne er nicht verlangen, dass auch in diesem Fall immer ein Zuschlag gewährt werden müsse. Die Beurteilung der Angemessenheit eines Zuschlags für die Tätigkeit des Verwalters sei bei einer Wahl der Vergütung nach der InsVV vielmehr nach deren System zu bemessen.  

Praxishinweis

Nach § 5 Abs. 1 InsVV kann der Insolvenzverwalter, sofern er als Rechtsanwalt zugelassen ist, für Tätigkeiten, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, nach Maßgabe des RVG Gebühren und Auslagen gesondert aus der Insolvenzmasse entnehmen. Der Insolvenzverwalter ist dabei berechtigt, die Beträge der Masse nach Fälligkeit im Sinn des RVG zu entnehmen, zur Entnahme bedarf es nicht eines Antrags oder der Zustimmung des Gerichts (Haarmeyer/Mock Insolvenzrechtliche Vergütungsordnung, 6. Aufl. 2019 § 5 InsVV Rn. 41). Der BGH stellt in der berichteten Entscheidung klar, dass der Rechtsanwalt, der von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, bei seiner Vergütung nach der InsVV nicht beanspruchen kann, so gestellt zu werden, als hätte er diese nach anderen Maßstäben zu berechnende Vergütung nach dem RVG gewählt.

BGH, Beschluss vom 27.10.2022 - IX ZB 10/22 (LG Dortmund), BeckRS 2022, 34832