Urteilsanalyse
VGH München: Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend für Feststellung der Fahreignung
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Bei der gerichtlichen Überprüfung der Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen ist nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs München auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.

19. Jun 2020

Anmerkung von
Senator E. h. Ottheinz Kääb, LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, München

Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 11/2020 vom 04.06.2020

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StVG § 3 I 1; FeV §§ 3 I 1, 111314

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer wurde am 08.06.2019 alkoholisiert (BAK: 2,49 Promille) auf seinem Fahrrad angetroffen. Am 27.06.2019 forderte die Führerscheinbehörde ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Es solle geklärt werden, ob zu erwarten sei, dass er künftig das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen werde. Auch müsse geklärt werden, ob die Trunkenheitsfahrt mit dem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug Ausdruck eines Kontrollverlustes sei. Das Gutachten brachte der Beschwerdeführer trotz Fristverlängerung nicht bei.

Nun wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, seinen Führerschein abzugeben und gleichzeitig verbot die Behörde ihm, Kraftfahrzeuge und fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Der Antragsteller kam der Aufforderung nach, erhob aber Klage und den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wieder herzustellen. Über die Klage ist noch nicht entschieden, der Antrag wurde abgelehnt.

Dagegen wendet sich der Antragsteller jetzt mit der Beschwerde. Er macht geltend, dass er vom Tag der Beanstandung bis zur Entscheidung Kraftfahrzeuge beanstandungsfrei geführt habe. Seit dem 08.06. trinke er keinen Alkohol mehr. Dies habe eine Haaranalyse vom Dezember im Übrigen bestätigt. Es seien also Umstände aufgetreten, die seine Fahreignung nicht mehr zweifelhaft erscheinen ließen.

Rechtliche Wertung

Mit seiner Beschwerde hat der Antragsteller keinen Erfolg. Diese wurde mit dem hier vorgelegten Beschluss zurückgewiesen. Der Antragsteller sei mit 2,49 Promille angetroffen worden. Zutreffend sei ein Gutachten angefordert worden. Die Behörde habe, nachdem er das Gutachten nicht vorgelegt habe, keinen Ermessensspielraum mehr, sondern sie müsse davon ausgehen, dass der Antragsteller nicht fahrgeeignet sei. Dass das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zusammen mit dem Entzug der Fahrerlaubnis untersagt worden sei, sei zwingende Rechtsfolge. Auch insoweit habe die Behörde kein Ermessen.

Es sei auch bezüglich der fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge die Vorlage eines Gutachtens erforderlich. Ob sich im Lauf des Verfahrens vor Gericht dann etwas anderes herausstelle, möge dahinstehen. Es komme darauf an, wie der Zustand zu beurteilen sei im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Hauptverfahren. Bis dahin könne eine Änderung bezüglich der Beurteilung der Fahreignung beim Antragsteller vorliegen, es könne also durchaus eine Änderung eingetreten sein zwischen dem 27.06.2019 und dem Tag der mündlichen Verhandlung. Für eine vorläufige Änderung sei insoweit aber kein Raum.

Praxishinweis

Die Radfahrer unter Alkohol machen Probleme, vor allem dann, wenn die BAK über 1,6 Promille liegt. Aus Gründen der Verkehrssicherheit sind Radfahrer nicht besonders geschützt, wenn es um allgemeine Pflichten und um die Vermeidung von Alkoholgenuss geht. Weil häufig Irrtümer über die Behandlung alkoholisiert fahrender Radfahrer vorhanden ist, ist die Entscheidung, in der die Rechtsprechung umfassend zitiert wird, von erheblicher Bedeutung.

VGH München, Beschluss vom 06.04.2020 - 11 Cs 20.432 (VG Würzburg), BeckRS 2020, 9480