Anmerkung von
Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH
Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 01/2021 vom 07.01.2021
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Sachverhalt
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 24.5.2016 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der Schuldner nahm eine selbständige Tätigkeit auf, die der Verwalter aus der Insolvenzmasse frei gab. Nach der hierzu zwischen dem Verwalter und dem Schuldner getroffenen Vereinbarung hatte der Schuldner ab November 2016 monatlich 410,58 EUR an die Insolvenzmasse zu zahlen. Der Schuldner zahlte die Raten für November und Dezember 2016 und übergab am 27.12.2016 darüber hinaus 23.800,00 EUR in bar, um damit die pfändbaren Beträge für die nächsten fünf Jahre zu begleichen. Er gab an, das Geld von der Verwandtschaft erhalten zu haben. Auf der Basis der sich unter Einbeziehung der Zahlung ergebenden Berechnungsgrundlage von 25.349,57 EUR beantragte der weitere Beteiligte für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter eine Vergütung von 13.821,24 EUR.
Das Amtsgericht hat die Zahlung des Schuldners nur mit 7.933,33 EUR - entsprechend monatlichen Raten des Schuldners in Höhe von 396,66 EUR für den Zeitraum von Januar 2017 bis zur Einreichung der Schlussrechnungsunterlagen im August 2018 - in der Berechnungsgrundlage berücksichtigt und die Vergütung unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags auf insgesamt 5.884,65 EUR festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hatte keinen Erfolg. In der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte er seinen Vergütungsantrag weiter.
Entscheidung
Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis Erfolg.
Grundlage für die Berechnung der Vergütung des Insolvenzverwalters sei gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 1 Abs. 1 InsVV der Wert der Insolvenzmasse bei Beendigung des Verfahrens (BGH, WM 2008, 86). Zur Berechnungsgrundlage für die Vergütung zählen alle Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt der Beendigung der zu vergütenden Tätigkeit zu dem gesicherten und verwalteten Vermögen gehört haben (BGH, WM 2019, 220). Zu berücksichtigen seien sämtliche Massezuflüsse, die auch tatsächlich an die Masse ausbezahlt worden seien und daher die Masse erhöhten (BGH, WM 2019, 220). Für welche Zwecke die vorhandene Insolvenzmasse einzusetzen sei, sei für die Berechnungsgrundlage regelmäßig unerheblich (BGH, WM 2019, 220).
Nach diesen Maßstäben gehe der vom Schuldner an die Masse abgeführte Betrag von 23.800,00 EUR vollständig in die Berechnungsgrundlage ein. Der von den Vorinstanzen für maßgeblich erachtete Gesichtspunkt, dass der im Wege der Einmalzahlung an die Masse geleistete Betrag nicht nur auf die Abführungspflicht des Schuldners im Insolvenzverfahren, sondern anteilig auch auf seine Obliegenheit im künftigen Restschuldbefreiungsverfahren anzurechnen sei, begründe für die Vergütungsfestsetzung keine Aufspaltung des Zuflusses.
Praxishinweis
Die Frage, ob die während des eröffneten Verfahrens geleistete Zahlung auf künftige Obliegenheiten der Wohlverhaltensphase nach § 295 Abs. 2 InsO anzurechnen ist, stellt sich nicht im Rahmen der Vergütungsfestsetzung, sondern eines Verfahrens über die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 InsO. Soweit der Schuldner im Einzelfall bereits während des eröffneten Verfahrens Vorauszahlungen auf künftige Obliegenheiten der Wohlverhaltensphase nach § 295 Abs. 2 InsO leistet, sammelt der Verwalter diese als massezugehöriges Vermögen. Der Zufluss bildet kein Sondervermögen, das im späteren Restschuldbefreiungsverfahren vorzubehalten wäre. Zahlungen des Schuldners nach § 295 Abs. 2 InsO dienen ebenso wie solche nach § 35 Abs. 2 Satz 2 iVm § 295 Abs. 2 InsO der Gläubigerbefriedigung. Die zeitnahe Beteiligung der Insolvenzgläubiger an der verwertbaren Masse verlangt vom Verwalter, die vereinnahmten Mittel - abzüglich einer gebotenen Rückstellung für die Verfahrenskosten des Restschuldbefreiungsverfahrens (vgl. BGH, WM 2015, 131) - der Verteilung zuzuführen. Hierauf wies der BGH nochmals ausdrücklich hin.
BGH, Beschluss vom 19.11.2020 - IX ZB 10/19 (LG Saarbrücken), BeckRS 2020, 34804