Rechtsprechung (vgl. BGH, NJW 2020, 208; WM 2021, 1545) und Gesetzgebung (vgl. Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt v. 10.8.2021) tun deshalb gut daran, diese Entwicklung, auch gegen Rückzugsgefechte etablierter Akteure, zu fördern. Doch darf die Deregulierung nicht zur Folge haben, dass sich das private Versprechen wirkungsvollen Rechtsschutzes ins Gegenteil verkehrt. Dass diese Gefahr besteht, zeigt der aktuell stattfindende Ankauf von Erstattungsansprüchen gegen Betreiber von Fitnessstudios.
Wer während des behördlich verfügten Lockdowns Beiträge an sein Fitnessstudio gezahlt hat, kann bei verschiedenen Anbietern im Internet seinen Erstattungsanspruch prüfen lassen und erhält in Windeseile ein Angebot. Die Zufriedenheit der Forderungsverkäufer hält sich aber offenbar in Grenzen. Diese erhalten als Kaufpreis beim teuersten Anbieter gerade einmal 40 % der nominalen Erstattungssumme, während dieser 60 % (30 % als „Risikoabschlag“ und weitere 30 % als „Servicepauschale“) einbehält. Mit guten Gründen fühlen sich Kunden falsch informiert, wenn ihnen versprochen wird, sie müssten sich wegen des Vertragsverhältnisses „keine Sorgen machen“, da die Studio-Mitgliedschaft „unberührt“ bleibe. Doch beanspruchen die meisten Fitnessstudios neben dem Einbehalt der Beiträge auch eine Vertragsverlängerung um die Monate der Schließzeit. Mit der Durchsetzung des Erstattungsanspruchs allein ist den Interessen der Kunden daher kaum gedient.
Während die Legal-Tech-Anbieter das Rechtsproblem des Kunden in einen für sie profitabel zu bewirtschaftenden Teil künstlich aufspalten, hätte ein Rechtsanwalt auch zur Frage der unerwünschten Vertragsverlängerung beraten. Seine Empfehlung würde lauten, auch auf Feststellung zu klagen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit nicht um die Monate der coronabedingten Schließzeit verlängert. Dabei ist die Rechtslage so eindeutig (vgl. nur LG Osnabrück, Urt. v. 9.7.2021 – 2 S 35/21, BeckRS 2021, 17881 und AG Frankenthal, Urt. v. 20.7.2021 – 3c C 4/21, BeckRS 2021, 21924), dass im vorliegenden Fall neben der Interessenwidrigkeit der Vorgehensweise auch die Unangemessenheit der Vergütung deutlich im Raum steht.
Der Gesetzgeber sollte sich von der Öffnung des Rechtsdienstleistungsmarkts nicht abbringen lassen. Jedoch darf die Interessengerechtigkeit des Angebotsportfolios bzw. die Aufklärung darüber ebenso wie eine effektive Preiskontrolle (vgl. dagegen nur § 13c II RDG nF) nicht praktisch aus den Augen verloren werden. Sonst heißt es für den Rechtsuchenden am Ende: Vom Regen in die Traufe!