Urteilsanalyse
Terrasse als Sondereigentum
Urteilsanalyse
urteil_lupe
© Stefan Yang / stock.adobe.com
urteil_lupe

Eine ebenerdige Terrasse ist nur dann sondereigentumsfähig, wenn sie Schutz vor äußeren Einwirkungen und Schutz der Privatsphäre bietet. Dafür genügt nach Meinung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ein bloßer Betretensschutz durch einen einfachen Holzzaun nicht.

6. Mai 2021

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub und Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff
Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München, Frankfurt a.M.

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 09/2021 vom 06.05.2021

Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Miet- und Wohnungseigentumsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de

Sachverhalt

Nach der Teilungserklärung ist beabsichtigt, drei Miteigentumsanteile entsprechend den Geschossen des Hauses mit den jeweiligen Räumen als Sondereigentum zu bilden. Für die Erdgeschosswohnung ist auch die Terrasse als Sondereigentum ausgewiesen. Sie ist durch einen schlichten Holzzaun abgegrenzt. Der beim Grundbuchamt gestellte Eintragungsantrag wurde mit der Begründung zurückgewiesen, eine Terrasse könne zwar sondereigentumsfähig sein, doch sei nicht erkennbar, dass die erforderliche Abgrenzung zur umgebenden Grundstücksfläche vorliege. In der gegen den Beschluss eingelegten Beschwerde – die ebenfalls zurückgewiesen wurde – führen die Beteiligten weiter aus, die Terrasse stehe in enger räumlicher Verbindung mit dem sonstigen Sondereigentum, sei von keinem anderen Sondereigentum aus nutzbar und genau begrenzt durch die weiterlaufenden Linien der Hauswände. Außerdem sei sie durch die Erhöhung gegenüber dem Erdboden und den Zaun abgegrenzt.

Entscheidung

Auch die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Grundbuchamt habe die Eintragungsanträge jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil die Terrasse nicht sondereigentumsfähig sei. Gegenstand von Sondereigentum seien auch bei Teilung durch den Eigentümer nach §§ 5 Abs. 1, 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 WEG Räume und die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert werden können, ohne dass jedenfalls die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert werde. Hierzu zählten keine Terrassen, da sie keine Räume seien.

Terrassen seien schon vom Wortsinn her weder Räume, noch zu einem Raum gehörende Bestandteile eines Gebäudes. Ihnen fehle auch die Qualität eines Raumes, Schutz vor äußeren Einwirkungen und Schutz der Privatsphäre zu bieten. Sie können auch nicht verändert werden, ohne dass die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert werde. Dies gelte auch dann, wenn sich, wie hier, die Terrasse auf der straßenabgewandten Seite des Hauses befinde.

Selbst wenn man annähme, eine Terrasse sei sondereigentumsfähig, wenn sie begrenzt wäre, reiche vorliegend jedenfalls die rein optische Begrenzung durch die gedachte Verlängerung der Hauswände oder die Bodenplatten nicht aus. Vielmehr müssten solche Abgrenzungen, um der Terrasse Raumqualität zusprechen zu können, die oben genannten Funktionen erfüllen können, nämlich Schutz vor äußeren Einwirkungen und Schutz der Privatsphäre zu bieten. Dafür genüge ein bloßer Betretensschutz durch einen einfachen Holzzaun jedenfalls nicht. Überdies könne ein solcher Zaun auch jederzeit ohne größeren Aufwand wieder entfernt werden, was der begrifflich auf Dauer angelegten Qualifikation als Raum widerspreche.

Praxishinweis

Die Entscheidung erging noch zum alten Recht. Vor diesem Hintergrund ist ihr zuzustimmen, da Terrassen ebenso wenig sondereigentumsfähig (OLG Köln, Beschluss vom 21.04.1982 - 2 Wx 13/82, OLGZ 1982, 413) waren wie ein Abstellplatz im Freien (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.10.1983 - 20 W 648/83, OLGZ 1984, 32), ein Carport (BayObLG, Beschluss vom 06.02.1986 - BReg. 2 Z 70/85, MittBayNot 1986, 79) oder ein einzelner Stellplatz in einer Duplex Garage (BayObLG, Beschluss vom 09.02.1995 - 2Z BR 4/95, NJW-RR 1995, 783), da diese Bereiche – wie das OLG Frankfurt richtig feststellt – bereits nicht unter den Raumbegriff subsumierbar waren.

Gem. § 3 Abs. 2 WEG nF kann sich Sondereigentum nunmehr auch auf Grundstücksteile, die außerhalb des Gebäudes liegen, erstrecken, soweit sie wirtschaftlich nicht die Hauptsache bilden. Sondereigentum an solchen Grundstückteilen – wozu auch Terrassen zählen (Wicke in Palandt, 80. Auflage 2021, § 3 WEG Rn 10) – soll aber nur eingeräumt werden, wenn sie durch Maßangaben im Aufteilungsplan bestimmt sind, vgl. § 3 Abs. 3 WEG. Diese Angaben müssen so exakt sein, dass sie eine eindeutige Bestimmung des räumlichen Bereichs des Sondereigentums ermöglichen (Länge und Breite der Fläche sowie Abstand zu den Grundstücksgrenzen, vgl. BR-Drs 168/20,39). Dies erfordert grds. einen Plan, der Bestandteil der Teilungserklärung sein muss (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 3 Rn. 71).

Ob dies vorliegend der Fall war, lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Da § 3 Abs. 3 WEG jedoch eine Sollvorschrift ist, hindert ein Verstoß die Entstehung von Sondereigentum nicht, sofern sich eine eindeutige Abgrenzung anderweitig, etwa durch sprachliche Beschreibung, gewährleistet (Wicke, aaO, Rn 13).  

Die nachträgliche Einräumung von weiterem Sondereigentum erfordert die Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form des § 925 BGB und die Eintragung ins Grundbuch, vgl. § 4 Abs. 1 BGB, da aus einem bisherigen Gemeinschaftseigentum nun Sondereigentum werden soll (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2009 - I-3 Wx 225/09, ZWE 2010, 93).

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 28.07.2020 - 20 W 115/20, BeckRS 2020, 45267