Urteilsanalyse
Streitwert einer Klage auf Zustimmung zur Aufnahme der Lebensgefährtin in die Mietwohnung
Urteilsanalyse
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Der Streitwert einer Klage auf Erlaubnis zur Aufnahme der Lebensgefährtin zur Mietwohnung bestimmt sich nach einem Beschluss des LG Lübeck nicht – ähnlich dem Streitwert einer Klage auf Erteilung einer Untermieterlaubnis nach dem einfachen bzw. dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu erwartenden Untermiete – nach dem einfachen bzw. dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu erwartenden Beteiligung an der Miete.

22. Jan 2024

Anmerkung von
Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff, Rechtsanwältin Franziska Bordt, Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 01/2024 vom 18.01.2024

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Sachverhalt

Der Mieter begehrt mit seiner Klage die Erteilung der Zustimmung zur Aufnahme seiner Lebensgefährtin in die von ihm vom Beklagten angemietete Wohnung. Die monatliche Bruttomiete beträgt 470 Euro. Er trägt vor, sein Interesse an einer gemeinsamen Lebensführung mit seiner Lebensgefährtin darin liege, dass beide nach einer bereits seit über fünf Jahre dauernden bestehenden Beziehung einen gemeinsamen Haushalt gründen und führen wollten. Beginnend mit dem Einzug sei vereinbart, dass sich beide die Miete für die Wohnung teilen würden.

Im Anerkenntnisurteil setzt das Amtsgericht den Streitwert auf 2.820 Euro fest (12x 470 Euro / 2).

Hiergegen wendet sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit ihrer Beschwerde und meint, der Streitwert sei auf das 42-fache der hälftigen Monatsmiete festzusetzen.

Entscheidung

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers führe zur Abänderung der Streitwertfestsetzung.

Der Streitwert für die Zustimmungsklage betrage 4.000 Euro.

Maßgebend für die Bemessung des Wertes der Klage auf Erlaubnis der Aufnahme der Lebensgefährtin sei die Bedeutung der Aufnahme der Lebensgefährtin für die Lebensführung des Klägers (Mieters). Denn der Mietgebrauch diene der Lebensführung des Mieters. Damit würden auch subjektive Gesichtspunkte Eingang in die Bewertung finden.

Das Interesse des Klägers hänge maßgebend von seinem wirtschaftlichen Interesse ab. Ein wirtschaftliches Interesse des Mieters bestehe auch an der Nutzung der ihm gegen Zahlung der vereinbarten Miete überlassenen Wohnung nach Maßgabe seiner im Rahmen des vertragsgemäßen Mietgebrauchs bestehenden Nutzungswünsche. Das schließe subjektive Gesichtspunkte ein, weil die Wohnung für jedermann Mittelpunkt seiner privaten Existenz sei und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermögliche. Das Interesse am Mietgebrauch der Wohnung lasse sich dementsprechend nicht ausschließlich oder nicht in erster Linie an objektiven Kriterien messen, sondern hänge auch mit den persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen des Mieters zusammen. Die Beurteilung des Werts für das Begehren der Erlaubnis zur Aufnahme der Lebensgefährtin in die Mietwohnung lasse sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände individuell und vielgestaltig seien, so dass sich jede schematische Lösung verbiete. Daran gemessen habe der Kläger in diesem Verfahren deutlich gemacht, dass es ihm zunächst auf die gemeinsame Gründung und Führung eines gemeinsamen Haushalts im Rahmen der schon seit mehr als fünf Jahren bestehenden Beziehung ankomme, aber dann auch auf die Ersparnis von Kosten und die Teilung der Miete. In Anbetracht der geltend gemachten subjektiven Vorstellungen und Bedürfnisse des Klägers, lege die Beschwerdekammer einen Wert von 4.000 Euro zugrunde. Innerhalb dieses Wertes sei auch das wirtschaftliche Interesse an der monatlichen Ersparnis des Klägers an dem hälftigen Anteil der Miete berücksichtigt.

Praxishinweis

Am Wortlaut des § 3 ZPO – Wertfestsetzung nach „freiem Ermessen“ – wird deutlich, dass die vom Gericht geforderte Wertfestsetzung nicht darin besteht, durch Anwendung inhaltlich genau bestimmter Rechtssätze auf einen mit allen zu Gebote stehenden prozessualen Mitteln umfassend aufgeklärten Sachverhalt zu einem einzig richtigen Wert zu gelangen (Wöstmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 3 ZPO, Rn. 2).

Zwar sind zB bei einer Zustimmung zu einer Untermieterlaubnis in erster Linie wirtschaftliche Interessen maßgebend (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.7.2007 – 8 W 169/07, BeckRS 2007, BECKRS Jahr 14111). Jedoch kann das Gericht auch subjektive Aspekte beachten und diese im Interesse des Klägers einpreisen, wie der vorliegende Fall zeigt.

Für die Bestimmung des Streitwertes hat das Gericht die Jahresmiete halbiert und einen Aufschlag vorgenommen, der das zusätzliche Interesse des Klägers, mit seiner Lebensgefährtin einen gemeinsamen Haushalt zu führen, berücksichtig. Das ist vertretbar und nachvollziehbar.


LG Lübeck, Beschluss vom 12.12.2023 – 7 T 341/23 BeckRS 2023, 35714