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Mit Kanonen auf Drohnen?
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Das Bundeskabinett hat Vorschläge für eine Änderung des LuftSiG vorgelegt. Im Zentrum steht die Schaffung einer Befugnisnorm für die Bundeswehr zur Abwehr illegal fliegender Drohnen zum Schutz kritischer Infrastruktur und militärisch genutzter Liegenschaften.

25. Feb 2025

„Unkooperative“ Drohnen sind unbemannte Luftfahrzeuge, die sich illegal im Luftraum befinden. Technischer Fortschritt, Verfügbarkeit und Beweglichkeit dieser Flugkörper führen zu einem erhöhten Gefährdungspotenzial. Drohnen können mit montierten Kameras spionieren, mit Explosivmitteln ausgestattet oder schadensstiftend in Ziele am Boden oder in der Luft gesteuert werden. Die Anzahl der Sichtungen über Einrichtungen der kritischen Infrastruktur und über Militärgelände steigt – befürchtet werden Spionage und Sabotage, auch aus dem Ausland. Während in die Polizeigesetze nach und nach Regelungen zur Drohnenentdeckung und -abwehr Aufnahme finden, fehlen im Luftsicherheitsrecht des Bundes entsprechende Vorschriften.

Das Bundeskabinett hat am 15.1.​2025 Vorschläge für eine Änderung des LuftSiG als Formulierungshilfe für die Fraktionen beschlossen. Dazu gehört die Aufnahme der Möglichkeit, zur Verhinderung des Eintritts eines besonders schweren Unglückfalls Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge anzuwenden, sprich: sie abzuschießen. Dazu soll § 14 I LuftSiG ergänzt werden, der es den Streitkräften erlaubt, im Luftraum Luftfahrzeuge abzudrängen, zur Landung zu zwingen, Waffengewalt anzudrohen und Warnschüsse abzugeben. Voraussetzung für die Waffengewalt gegen Drohnen soll sein, dass nach den Umständen davon auszugehen ist, dass sie gegen das Leben von Menschen oder gegen eine kritische Anlage eingesetzt werden sollen, und dass der Einsatz mit Waffengewalt das einzige Mittel zur Abwehr der daraus resultierenden gegenwärtigen Gefahr ist. Es ist davon auszugehen, dass dieses Vorhaben auch den nächsten Bundestag beschäftigen wird.

Die Schaffung praktikabler Befugnisnormen ist nicht nur ein Desiderat, sondern angesichts des Gefährdungspotenzials der Drohnen zwingend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Abschuss selbst mit erheblichen Gefahren für die am Boden befindlichen Menschen und Infrastrukturen verbunden ist. Ein allzu beherztes Vorgehen sollte also normativ eingedämmt werden. Anpassungen des § 14 LuftSiG sind ohnehin vermintes Terrain. In Erinnerung ist noch der 2006 vom BVerfG gekippte § 14 III LuftSiG aF, der eine menschenwürdewidrige Abschussermächtigung der Bundeswehr für Luftfahrzeuge enthielt, die gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden sollen. Auch das Zusammenspiel von § 13 und § 14 LuftSiG war Anlass differenzierter Erwägungen des Gerichts zum besonders schweren Unglücksfall nach Art. 35 II 2, III 1 GG. Dieser muss zwar zur Aktivierung der Befugnisse des § 14 I LuftSiG noch nicht eingetreten sein, gleichwohl dürfte der praktische Anwendungsbereich einer Drohnenabschussermächtigung der Streitkräfte wegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben stark verengt sein. In Betracht käme zwar eine Grundgesetzänderung unter Öffnung der Einsatzszenarien für die Streitkräfte – dies wäre indes ein äußerst bedenklicher Paradigmenwechsel angesichts der durch die Verfassung doch nur sehr behutsam zugelassenen Verwendungsoptionen der Bundeswehr.

Abschuss als Ultima Ratio

Ohnehin sollte das normative Konzept zum Schutz vor Drohnen nach der Konstituierung des neuen Bundestags im Ganzen abgestimmt werden. Illegal fliegende Drohnen mit militärischen Waffen vom Himmel zu holen, sollte Ultima Ratio sein und bleiben. Insoweit ließe sich der Vorschlag des Bundeskabinetts im Bewusstsein seines äußerst begrenzten Einsatzfeldes umsetzen. Ein Mehrwert für die Sicherheitsgewährleistung wäre jedoch nur zu schaffen, wenn auch die Befugnisse der Bundespolizei im ebenfalls noch seiner Fortführung entgegenfiebernden Reformprozess des BPolG entsprechend ausgestaltet würden. Der letzte Entwurf sieht die Möglichkeit vor, zur Abwehr einer von unbemannten Fahrzeugsystemen ausgehenden Gefahr geeignete technische Mittel gegen das System, dessen Steuerungseinheit oder -verbindung (zB durch störende Impulse) einzusetzen, wenn die Abwehr der Gefahr durch andere Maßnahmen aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Zu erwägen wäre zudem, die Bestimmungen zum Schusswaffengebrauch gegen Sachen anzupassen. Erst wenn Drohnen mit polizeilichen Mitteln nicht abgewehrt werden können (etwa weil sie zu groß sind oder zu hoch fliegen), sollte der Einsatz „blauer Bohnen“ gegen Drohnen durch die Streitkräfte in Betracht kommen.

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Prof. Dr. Dr. Markus Thiel ist Leiter des Fachgebiets Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Polizeirecht an der Deutschen Hochschule der Polizei, Münster.