Auch wenn § 141 I ZPO seit 1976 als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist, muss das Gericht vor der Anordnung des persönlichen Erscheinens prüfen, ob dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten und die Wahrnehmung des Termins zumutbar ist. Ohne derartige Prüfung standardmäßig ausgesprochene Anordnungen stellen sich für die Parteien als misslich dar, weil sich weder aus der Anordnung noch aus dem Gesetz eindeutig ergibt, was von ihnen konkret verlangt wird. Nun mag man vielleicht einwenden, was an einem solchen Verlangen nach persönlichem Erscheinen nicht eindeutig sein sollte, aber zumindest dann, wenn die Parteien keine natürlichen Personen sind – nur solche können überhaupt bei Gericht erscheinen –, erkennt man schnell, dass es mit der Eindeutigkeit nicht ganz so weit her ist. Bezieht man dann noch § 141 III ZPO in die Betrachtung ein, ist es mit der Eindeutigkeit endgültig vorbei. Danach kann nämlich gegen den anordnungswidrig Nichterschienenen dann kein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn dieser einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsschluss ermächtigt ist.
Die zunächst rein dogmatisch erscheinende Frage, ob in dieser Regelung eine Ausnahme von der Pflicht des persönlichen Erscheinens zu erblicken ist oder lediglich eine Einschränkung auf der Rechtsfolgenseite, erweist sich in der Praxis auch für Anwälte als "Übersetzer des Rechts" immer wieder als echte Herausforderung. Wie sollte man einem Rechtsunkundigen erklären, dass zwar sein persönliches Erscheinen angeordnet, sein Erscheinen aber gleichwohl nicht zwingend erforderlich ist? Jedenfalls dann, wenn das Gericht – was nicht unüblich ist – ebenso floskelhafte wie umfangreiche und bedrohlich wirkende Hinweise zu den (möglichen) Folgen des Nichterscheinens beifügt, ist dies ein hoffnungsloses Unterfangen. Niemand wird unter dem Eindruck derartiger Hinweise mit seinem Anwalt dann auch noch die Frage diskutieren wollen, ob nicht auch dieser der Vertreter iSd § 141 III ZPO sein kann, was – wie so vieles in der Juristerei – natürlich umstritten ist. Was also tun?
Keine Abhilfe verspricht der Ansatz vieler Gerichte, bereits in der Anordnungsverfügung darauf hinzuweisen, dass es ausreicht, wenn ein hinreichend informierter und bevollmächtigter Vertreter anstelle der Partei zum Termin erscheint. Zum einen sieht § 141 ZPO nicht vor, dass das Gericht das persönliche Erscheinen eines Vertreters anordnet oder als Alternative gestattet, zum anderen geht aus den Hinweisen regelmäßig nicht hervor, ob diese lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergeben oder eine darüber hinausgehende Bedeutung haben sollen. Ist das persönliche Erscheinen nach Einschätzung des Prozessvertreters nicht zweckmäßig, kann er das Gericht um Klarstellung bitten, was aber mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist, und zwar sowohl für ihn als auch für das Gericht. Das Gegenteil von dem Gewollten ist schließlich erreicht, wenn das Gericht daraufhin erklärt, das persönliche Erscheinen der Partei in Person zu erwarten. Eine solche Erklärung setzt zwar nicht § 141 III ZPO außer Kraft, erhöht aber das Risiko eines Ordnungsmittels, wenn Sachverhaltsfragen im Termin nicht geklärt werden können. Es kann sich daher empfehlen, dem Gericht zunächst nur mitzuteilen, dass man mangels entgegenstehender Äußerungen davon ausgeht, dass das Erscheinen des Bevollmächtigten für ausreichend erachtet wird. Für diesen zunächst etwas "frech" wirkenden Ansatz bringen die Gerichte nach meiner Erfahrung dann Verständnis auf, wenn man zugleich erklärt, warum das Erscheinen der Partei nicht zweckdienlich oder zumutbar ist und wie die Möglichkeit zur Sachverhaltsaufklärung auch auf andere Weise – etwa durch eine telefonische Erreichbarkeit während der Terminstunde – sichergestellt werden kann.
Begründete Anordnung ist Gewinn für alle
An die Gerichte sei die Bitte gerichtet, das persönliche Erscheinen nicht schematisch anzuordnen und durch eine zwar kurze, gleichwohl auf den konkreten Rechtsstreit bezogene Begründung zu erläutern, warum die Anordnung erforderlich ist. Damit können sie den Parteien zugleich signalisieren, dass sie ihre Sache ernst nehmen – ein Gewinn für alle Beteiligten.
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