So sollen sich Streitgenossen künftig auf die Benennung eines Schiedsrichters verständigen müssen (§ 1035 IV ZPO-E). Die Regeln zur Vollziehung im einstweiligen Rechtsschutz werden erweitert. Auch die Videoverhandlung und der Schiedsspruch in elektronischer Fassung werden geregelt (§§ 1047 II, III, 1054 II ZPO-E). Schiedssprüche sollen vorbehaltlich abweichender Vereinbarung veröffentlicht werden können, wenn die Parteien nicht binnen eines Monats widersprechen (§ 1054b I ZPO-E). Vor Commercial Courts sollen Aufhebungsverfahren auf Englisch geführt werden können (§ 1063a ZPO-E).
So weit, so gut. Darüber hinaus packt der Entwurf ein heißes Eisen an, nämlich den Umgang mit Sondervoten zum Schiedsspruch oder zu seiner Begründung. Das OLG Frankfurt a. M. (BeckRS 2020, 4606 Rn. 206 [obiter]) hat ihre Zulässigkeit bezweifelt (offen lassend nachgehend BGH BeckRS 2020, 39395 Rn. 41). Das Schrifttum ist gespalten (Überblick bei Armbrüster, FS Ebke, 2021, 43). Der Entwurf will nun Sondervoten vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung zulassen (§ 1054a ZPO-E).
Die Entwurfsverfasser erblicken einen Vorzug von Sondervoten darin, den Parteien zu verdeutlichen, „dass sich das Schiedsgericht auch mit denjenigen Argumenten befasst hat, welche den Schiedsspruch schlussendlich nicht getragen haben“ (S. 37). Diese Einschätzung erstaunt. Es ist die originäre Aufgabe des Schiedsspruchs, sich in der Begründung mit allen vorgetragenen Argumenten auseinanderzusetzen; anderenfalls droht die Aufhebung. Problematisch ist zudem die Vorstellung, dass das Sondervotum auch nach dem Schiedsspruch, aber nur dann abgegeben werden können soll, wenn der Schiedsrichter seine abweichende Meinung bereits in der Beratung vertreten hat. Wie soll dies später überprüft werden? Der naheliegenden Gefahr, dass ein Schiedsrichter das Sondervotum einsetzt, um der ihn benennenden Partei zu demonstrieren, dass er „wie ein Löwe“ für ihre Position gekämpft hat, setzt die Entwurfsbegründung allein die schiedsrichterliche Pflicht zur Unabhängigkeit und damit eine petitio principii entgegen. Darüber hinaus zeigt die Praxis, dass bisweilen schon während der Beratung ein Sondervotum regelrecht angedroht wird, um die Meinungsbildung zu beeinflussen.
Fazit: Sondervoten bergen durchaus Gefahren. Freilich haben die Schiedsparteien grundsätzlich die Verfahrenshoheit. Der Entwurf trägt dem Rechnung, indem er (wie auch für die Veröffentlichung von Schiedssprüchen und Sondervoten) ein opt-out vorsieht. Vorzugswürdig ist ein opt-in, da sich die Parteien dann auch mit den Gefahren zu befassen haben. So oder so wird zu der Thematik künftig Beratungsbedarf entstehen.
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