NJW-Editorial
Schön-Wetter-Umweltrecht
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Foto_Editorial_NJW_39_2021_Hans-Jürgen_Müggenborg_WEB
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Im Juli 2021 verursachte das Hochwasser katastrophale Schäden. Viele Gebäude wurden dabei zerstört und große landwirtschaftliche Flächen überflutet. Was sich da über die Fläche ergoss, war kein klares Wasser, sondern durchsetzt mit Schlamm und vielen Schadstoffen. Tausende Liter Heizöl sind ausgelaufen. Die Menge der in die Umwelt freigesetzten Schadstoffe ist noch unbekannt. Für betroffene Grundstückseigentümer droht damit aus dem Umweltrecht eine zweite Ka­tastrophe, die wegen der größeren Flächen vor allem Landwirte trifft. Sie wird in der juristischen Diskussion über die Folgen des Hochwassers bisher kaum berücksichtigt.

23. Sep 2021

Verunreinigung der Böden kann nicht nur künftige Ernten belasten, über deren Entschädigung die Politik noch gesondert zu entscheiden hat, sondern vor allem auch zu einer Inanspruchnahme führen. Es ist keinesfalls erwiesen, dass mit dem abfließenden Hochwasser alle ausgetretenen Schadstoffe auf ein unkritisches Maß verdünnt und fortgeschwemmt worden sind. In zahlreichen Bodensenken werden diese ins Erdreich eingedrungen sein und dort verbleiben. Da ein Verursacher der klimabedingten Hochwasserkatastrophe nicht festzustellen ist, kommt nach Bodenschutzrecht, aber auch nach Gewässerschutz- und allgemeinem Polizei- und Ordnungsrecht die Inanspruchnahme der Grundstückseigentümer und -besitzer in Betracht. Diese haften als Zustandsstörer (§§ 4 III 1, 9 II, 13 BBodSchG) auch für Gefahren, die durch Naturereignisse verursacht wurden. Den einzelnen Landwirt kann schon die Anordnung zur Detailuntersuchung nach § 9 II BBodSchG überfordern. Das gilt erst recht für mögliche Sanierungsanordnungen, wenn es um die Abwehr von Gefahren für das Grundwasser oder die Aufnahme von Schadstoffen in die Nahrungskette geht. Dann nutzt ihm auch die Haftungsbegrenzung auf den Verkehrswert des Grundstücks nach der Sanierung gemäß BVerfG, NJW 2000, 2573 wenig.

Hier zeigt sich, dass unser Umweltrecht im Grunde ein Recht für normales Wetter und nicht für Naturkatastrophen ist. Im Wasserrecht wird regelmäßig nur das hundertjährliche Hochwasser (HQ 100) betrachtet und nie HQ 10.000. Verschiedentlich wird Unwetter zwar berücksichtigt, so etwa im Störfallrecht (TRAS 310 und 320), es gibt aber keine Sonderregelungen hinsichtlich der normalen umweltrechtlichen Verantwortlichkeiten in solchen Katastrophenfällen. Deshalb ist der Gesetzgeber gehalten, vor allem im Interesse der Aufrechterhaltung einer funktionierenden Landwirtschaft diese vor den dargestellten Folgen zu schützen. Denn am Ende sind alle darauf angewiesen, dass sie gesunde und ausreichend viele Lebensmittel erzeugt. •

Prof. Dr. Hans-Jürgen Müggenborg ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Aachen.