Urteilsanalyse
Rubrum eines Streitverkündungsschriftsatzes
Urteilsanalyse
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Trägt ein Streitverkündungsschriftsatz nur ein Kurzrubrum, kann das - so das LG Stuttgart - für die Wirksamkeit der Streitverkündung ausreichen, wenn dem Streitverkündeten die Parteien bekannt sind.

16. Jan 2024

Anmerkung von
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 01/2024 vom 12.01.2024

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Sachverhalt

Für die Frage, ob eine Streitverkündung gegenüber einem WEG-Verwalter wirksam ist, kommt es in einer WEG-Streitigkeit auf das Kurzrubrum einer Streitverkündungsschrift an. Auf der Klägerseite fehlt der zur Rechtsform einer UG zugehörige Klammerzusatz (haftungsbeschränkt), auf Beklagtenseite ist hingegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit „WEG“ abgekürzt und sind Straßen/Hausnummern ohne Ort angegeben.

Entscheidung: Die Streitverkündungsschrift war formal in Ordnung!

Der Schriftsatz, den die Partei zum Zwecke der Streitverkündung einzureichen habe und der dann dem Dritten gem. § 73 S. 2 ZPO zuzustellen sei, sei zwar ein „bestimmender Schriftsatz“. Er müsse aber nicht stets das vollständige Rubrum führen. Denn nach Auffassung des BGH würden die strengen Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO für die Streitverkündungsschrift nicht gelten (Hinweis auf BGH NJW 2008, 519 Rn. 31). Selbst im Anwaltsprozess unterliege die Streitverkündung keinem Anwaltszwang (Hinweis auf BGH NJW 1985, 328). Bei den Formvorgaben des § 130 ZPO handele es sich zudem nach ihrem eindeutigen Wortlaut ohnehin um Sollvorschriften. Die Anwendung der Norm auf bestimmende Schriftsätze lasse ihren Charakter als Soll-Vorschrift unberührt. Der BGH fordere bei anwaltlicher Beteiligung von den Formerfordernissen des § 130 ZPO im Übrigen nur die eigenhändige Unterschrift des Rechtsanwalts (Hinweis auf BGH NJW 1985, 328). Ein Kurzrubrum könne daher ausreichen, wenn dem Streitverkündeten die Parteien, insbesondere der Gegner des Streitverkünders, bekannt seien. Der Streitverkündete müsse lediglich prüfen können, welcher Anspruch eventuell gegen ihn geltend gemacht werde und ob es sinnvoll sei, sich am Haftungsprozess zu beteiligen. Im Fall habe der Verwalter die Parteien der Anfechtungsklage anhand des Kurzrubrums leicht identifizieren können. Ferner sei dem Verwalter die Klage für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugestellt worden. Dort seien die Parteien aber richtig benannt worden.

Praxishinweis

Zum Zwecke der Streitverkündung hat die Partei nach § 73 S. 1 ZPO einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben ist. Der Schriftsatz muss nach manchen Stimmen das volle Rubrum enthalten, da er einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO unterliegenden Klageschrift gleich stehe (OLG Frankfurt a. M. NJW 2021, 1825 Rn. 32; BeckOK ZPO/Dressler/von Selle, 51. Ed. 1.12.2023, ZPO § 73 Rn. 1). Näher liegt indes, mit dem LG zu prüfen, ob der Streitverkündungsempfänger weiß, wer mit wem worum streitet und was das ihn angeht und ob er sich beteiligen sollte (s. auch Manteufel NJW 2021, 1827). Dennoch kann derzeit nur dazu geraten werden, in der Streitverkündungsschrift vorsorglich das volle Rubrum anzugeben.

LG Stuttgart, Beschluss vom 01.08.2023 - 19 S 13/23 (AG Stuttgart), BeckRS 2023, 31508