Recht im Unternehmen

Hitzefrei am Arbeitsplatz?
Recht im Unternehmen
Vadym / Adobe (KI-generiert)

Die Temperaturen klettern auch am Arbeitsplatz immer weiter nach oben. Arbeitgeber sind damit in der Pflicht, ihre Mitarbeiter zu schützen. Fraglich ist, welche Vorgaben und Grenzwerte zu beachten sind und ob im Ernstfall frei gegeben werden muss. Handelt das Unternehmen nicht, kann das bei der nächsten Hitzewelle unangenehme Folgen haben.

29. Jul 2025

Weil es bei Hitze am Arbeitsplatz um den Arbeitsschutz geht, finden sich die relevanten Regelungen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR). Darin ist vorgesehen, dass die Lufttemperatur im Büro grundsätzlich 26 °C nicht überschreiten soll. Bei Außentemperaturen über 26 °C sind drei Stufen vorgesehen.

Stufe 1: Ab 26 °C Innenlufttemperatur soll der Arbeitgeber Maßnahmen treffen, um für Abkühlung zu sorgen. Stufe 2: Ab 30 °C muss er dies tun und eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Geeignete Schritte sind beispielsweise eine effektive Steuerung der Jalousien und Lüftungseinrichtungen, Ausschalten nicht benötigter technischer Geräte wie etwa von Druckern, Arbeitszeitverlagerung in die frühen Morgen- oder späten Abendstunden, Nutzung von Gleitzeit, Lockerung der Bekleidungsregelungen, Ventilatoren oder die ab 30 °C verpflichtende Bereitstellung von Trinkwasser. Stufe 3: Ab 36 °C sind Räume nicht mehr zum Arbeiten geeignet – darin darf niemand mehr beschäftigt werden. Die Arbeitnehmer müssen dann in andere, kühlere Bereiche umgesetzt werden.

Arbeitspflicht bei Hitze

Arbeitsrechtlich betrachtet stellen diese Regelungen zwar lediglich Empfehlungen dar. Aber der Arbeitgeber ist gut beraten, sich daran zu halten. Denn kommt es zu Gesundheitsschäden seiner Beschäftigten, haftet er möglicherweise auf Schadensersatz und läuft sogar Gefahr, wegen fahrlässiger Körperverletzung bestraft zu werden. Um nachweisen zu können, dass er das Gebotene getan hat, sollten die ergriffenen Maßnahmen dokumentiert werden. Einen Anspruch auf bestimmte Vorkehrungen wie beispielsweise den Einbau einer Klimaanlage hat ein Arbeitnehmer allerdings nicht. Und natürlich muss das Unternehmen gesundheitlich vorbelastete und besonders schutzbedürftige Beschäftigte auch ganz besonders schützen und frühzeitig eingreifen.

Auch bei sehr hohen Temperaturen haben Beschäftigte aber keinen Anspruch auf „Hitzefrei“. Sie bleiben verpflichtet zu arbeiten, wenn geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden. Kerngedanke der ArbStättV und der ASR ist, dass es keinen „zu heißen“ Arbeitsplatz gibt, sondern „lediglich“ die Pflicht, geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. Wenn sich Mitarbeiter aufgrund von hohen Temperaturen im Büro also eigenmächtig von der Arbeit entfernen, kann eine Abmahnung ausgesprochen und das Gehalt einbehalten werden.

Nur in absoluten Ausnahmefällen, etwa wenn der Arbeitgeber auch nach Aufforderung gar keine Schritte unternimmt oder bei einer unmittelbaren Gesundheitsgefahr, darf die Tätigkeit eingestellt werden. Wenn sich der Chef aufgrund seiner Fürsorgepflicht entschließt, die Beschäftigten wegen unvertretbarer Hitze nach Hause zu schicken, muss er trotzdem das Entgelt weiterzahlen.

Königsweg Homeoffice?

Kann die Tätigkeit von zu Hause aus fortgeführt werden, sind die Regeln weniger streng. Zwar muss der Arbeitsschutz eingehalten werden, allerdings nur innerhalb des für den Arbeitgeber Möglichen. Eine Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung reichen aus. Die ArbStättV gilt beim mobilen Arbeiten nicht, so dass der Mitarbeiter selbst dafür verantwortlich ist, sich einen kühleren Arbeitsplatz zu suchen. Für die Überwachung und Durchsetzung des Arbeitsschutzes sind die Gewerbeaufsichtsämter der Länder zuständig. Sie können Unternehmen im Einzelfall zu konkreten Schutzmaßnahmen verpflichten. Halten sich diese nicht daran, drohen empfindliche Bußgelder von bis zu 30.000 EUR.

Der Betriebsrat hat nach § 87 I Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen, wenn es um die vom Arbeitgeber gegen Hitze am Arbeitsplatz zu treffenden Schutzmaßnahmen zur Umsetzung der ASR geht. Um im Hochsommer nicht unter Zeitdruck zu geraten, empfiehlt es sich daher, schon frühzeitig mit ihm die nötigen Maßnahmen abzustimmen. Profitieren wird davon am Ende das gesamte Unternehmen, denn kühle Köpfe arbeiten produktiver. 

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Prof. Dr. Ulrich Tödtmann ist Partner, Sarah Kaufmann ist Rechtsanwältin bei Rittershaus Rechtsanwälte in Mannheim.