Risikomanagement und dessen Kontrolle haben für die Unternehmensleitung eine herausragende Bedeutung – das gilt für Vorstände und Geschäftsführer ebenso wie für Aufsichtsräte. Dies gilt erst recht, wenn man sich im Rahmen unternehmerischer Compliance an gesetzlichen Vorgaben orientieren kann. So widmet das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) dem Hochwasserschutz in Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie ein eigenes Kapitel (§§ 72 ff. WHG). Risikogebiete werden hier bewertet und spielen für den Standort eine entscheidende Rolle. Zwar haben sich die gesetzlichen Grundlagen seit Jahren nicht verändert, und primär sind die rechtlichen Vorgaben an die Mitgliedstaaten und ihre Behörden gerichtet. Doch die Geschäftsführungen betroffener Unternehmen sind aus wirtschaftlicher Sicht zunehmend gezwungen, rechtliche Präventionsmaßnahmen zu treffen, und können die Vorgaben als Leitfaden bewerten.
Haftungsrisiken für Organe
Die existentiellen Sorgen, die Hochwasserschäden mit sich bringen können, bilden auch ein unmittelbares Haftungsrisiko für Geschäftsleiter. Spätestens seit der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen 2021 kommt niemand mit gewässernahen Produktionsstätten an diesem Thema vorbei. Zudem ist bekannt, dass das Risiko nicht nur große Wasserstraßen betrifft, sondern auch kleine Nebenflüsse. Die Geschäftsführung mit Betriebsstätten, die sich in einem solchen Risikogebiet befinden, trifft nach § 43 GmbHG, § 93?AktG oder vergleichbaren Regelungen besondere Sorgfaltspflichten. Sie hat für geeignete Vorsorgemaßnahmen zu sorgen – und Aufsichtsgremien haben dies zu hinterfragen. Die Rangfolge der Handlungsoptionen ist eindeutig: Welchen Schutz kann das Unternehmen selbst aufbringen, wie ist im Ernstfall haftungsmindernd zu reagieren und erst dann: Reicht der Versicherungsschutz aus?
Erstaunlicherweise wird angesichts zahlreicher staatlicher Hilfen bei Naturereignissen immer wieder vergessen, dass Unternehmen baulich selbst vorbeugen können (und sollten). Es ist ihre originäre Aufgabe, durch Investitionen in den Hochwasserschutz werthaltige Assets vor erkennbaren Risiken zu schützen. Staatliche Organisationen sollten dies flankieren – durch Beratung, finanzielle Anreize und auch unbürokratische Umsetzungsmöglichkeiten. Der „Ruf nach dem Staat“ alleine ist falsch.
Für unvermeidliche Ereignisse oder besonders starke Bedrohungsszenarien ist mit der Aufstellung eines (Hochwasser-)Notfallplans der Ernstfall zu organisieren – und in guten Zeiten auch zu erproben. Wie schnell ist ein Unternehmen reaktionsfähig, welche kritischen Infrastrukturen sind mit welcher Priorität abzusichern oder müssen redundant vorgehalten werden? Frühwarnsysteme sind anhand steigernder Pegel nicht nur bei „Jahrhunderthochwassern“ sinnvoll, sondern als steter Begleiter.
Versicherungsschutz als Leitungsaufgabe
Darüber hinaus ist eine Versicherung für Betriebe in betroffenen Gebieten unumgänglich. Derzeit wird – wieder einmal – über die Einführung einer verpflichtenden Elementarschaden-Versicherung diskutiert, die der wirtschaftlichen Absicherung von Gebäuden und deren Inventar dient. Für Unternehmer sollte dies kein Politikum sein, sondern gelebte Selbstverständlichkeit.
Leitungsorgane haben sich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung stets auch mit Deckung durch ausreichenden Versicherungsschutz für existierende Risiken zu befassen – und müssen hier Entscheidungen treffen. Das gilt im Übrigen nicht nur für das Elementarrisiko, sondern auch für die Umweltrisiken, die eigenständig versichert werden können. Hinzu kommt die Notwendigkeit einer ausreichenden Betriebsunterbrechungsversicherung: Diese kann entscheidend zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Dabei sind Hochwasserausfälle meist nicht direkt von den Versicherungspolicen erfasst, sodass der Absicherung besonderes Augenmerk zu widmen ist.
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