Recht im Unternehmen

Die Krux mit pri­va­ten Pos­tings
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Pri­va­te Ak­ti­vi­tä­ten von Be­schäf­tig­ten in den So­zia­len Me­di­en ber­gen ein nicht un­er­heb­li­ches Haf­tungs­ri­si­ko für Un­ter­neh­men. Die Tür für den Bezug sol­cher Bei­trä­ge zum Ge­schäfts­kreis des Ar­beit­ge­bers kann sich schon durch ent­spre­chen­de Hash­tags öff­nen. Dann kann die­ser wett­be­werbs­recht­lich für sol­che Pos­tings haf­ten. Das gilt sogar, wenn er sie dem Mit­ar­bei­ter zuvor aus­drück­lich ver­bo­ten hatte.

28. Mai 2024

In einem ak­tu­el­len Fall äu­ßer­te sich ein Ver­kaufs­ma­na­ger in einer pri­va­ten Face­book-Grup­pe nach­tei­lig über die Ge­schäfts­füh­rer einer Wett­be­wer­be­rin. Die Be­trof­fe­nen woll­ten nun auch gegen den Ar­beit­ge­ber vor­ge­hen. Zwar sah das OLG Ham­burg hier nach einer um­fas­sen­den Ab­wä­gung im Er­geb­nis ein rein pri­va­tes Han­deln und daher keine Haf­tung (NJW-RR 2024, 45). Es hätte für das Un­ter­neh­men aber durch­aus kri­tisch aus­ge­hen kön­nen. Als Grund­la­ge kommt dafür eine wett­be­werbs­recht­li­che Zu­rech­nungs­vor­schrift in Be­tracht, wo­nach bei Wett­be­werbs­ver­stö­ßen eines Mit­ar­bei­ters oder Be­auf­trag­ten in einem Un­ter­neh­men auch der In­ha­ber auf Un­ter­las­sung und Be­sei­ti­gung der Fol­gen haf­tet. Dies ist eine Haf­tung „ohne Wenn und Aber“, also eine Er­folgs­haf­tung ohne jeg­li­che Ent­las­tungs­mög­lich­keit. Es kommt nicht dar­auf an, ob der Ar­beit­ge­ber das Ver­hal­ten sei­nes Be­schäf­tig­ten ge­kannt, ver­an­lasst oder zuvor um­ge­kehrt sogar aus­drück­lich miss­bil­ligt bzw. ver­bo­ten hat. Le­dig­lich muss eine ge­schäft­li­che Hand­lung mit Wett­be­werbs­be­zug vor­lie­gen, die in den Ge­schäfts­kreis des Un­ter­neh­mens fällt und die­sem zu­gu­te­kommt.

Ri­si­ko Ab­satz­för­de­rung

Eine sol­che ge­schäft­li­che Hand­lung ist ein Ver­hal­ten zu­guns­ten eines Un­ter­neh­mens, das mit der För­de­rung des Ab­sat­zes oder des Be­zugs von Waren bzw. Dienst­leis­tun­gen ob­jek­tiv zu­sam­men­hängt. Dies setzt vor­aus, dass die Hand­lung bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung dar­auf ge­rich­tet ist, durch Be­ein­flus­sung der ge­schäft­li­chen Ent­schei­dung po­ten­zi­el­ler Ab­neh­mer den Ab­satz des Ar­beit­ge­bers zu för­dern. Bei Hand­lun­gen von Ar­beit­neh­mern als Pri­vat­per­so­nen liegt keine ge­schäft­li­che Hand­lung vor, wenn sie bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung nicht vor­ran­gig der Ab­satz­för­de­rung dient. Dafür kommt es dar­auf an, ob sich die han­deln­de Per­son aus ob­jek­ti­ver Sicht als Pri­vat­per­son äu­ßer­te oder zu­gleich ge­schäft­li­che Zwe­cke ver­folg­te.

Diese Gren­ze kann schnell über­schrit­ten sein. Ver­öf­fent­li­chun­gen auf pri­va­ten Face­book-Kon­ten sind hier an­ders zu be­ur­tei­len als sol­che auf vor­ran­gig be­ruf­lich ge­nutz­ten Netz­wer­ken wie Xing oder Lin­kedIn. Re­le­vant ist auch, ob die be­tref­fen­de Äu­ße­rung zum ty­pi­schen Auf­ga­ben­kreis des Be­tref­fen­den ge­hör­te. Dann ist eine ge­schäft­li­che Hand­lung zu ver­mu­ten. Ein ma­ß­geb­li­ches Indiz dafür ist es auch, wenn bei ihm ein be­son­de­res wirt­schaft­li­ches In­ter­es­se an den Fol­gen sei­nes Tuns be­steht. Das kann be­son­ders bei so­ge­nann­ten (Cor­po­ra­te-)In­flu­en­cern eine Rolle spie­len.

Liegt eine ge­schäft­li­che Hand­lung vor, gilt Wett­be­werbs­recht. So sind dann die Re­geln für die Er­kenn­bar­keit von Wer­bung als sol­cher oder für ver­glei­chen­de Wer­bung ein­zu­hal­ten. Ge­ge­be­nen­falls müs­sen ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ne Ver­brau­cher­infor­ma­tio­nen er­teilt wer­den. Zudem gel­ten im wett­be­werbs­recht­li­chen Kon­text stren­ge­re Re­ge­lun­gen für die Zu­läs­sig­keit von Mei­nungs­äu­ße­run­gen bzw. Wert­ur­tei­len über An­de­re als im all­ge­mei­nen Zi­vil­recht. Für eine Zu­rech­nung zu­las­ten des Ar­beit­ge­bers kommt es dar­auf an, ob der Ver­stoß in einem in­ne­ren Zu­sam­men­hang mit des­sen Un­ter­neh­men ge­stan­den hat. In­so­weit ist ir­rele­vant, ob der Mit­ar­bei­ter ohne Wis­sen oder sogar gegen eine Wei­sung ge­han­delt hat. Ent­schei­dend ist, ob er ge­ra­de in sei­ner Ei­gen­schaft als sol­cher tätig wurde und die Hand­lung somit in den Ge­schäfts­kreis des Ar­beit­ge­bers fiel und die­sem zu­gu­te­kommt. Das kann sich aus Hin­wei­sen auf die­sen er­ge­ben, bei­spiels­wei­se in Form un­ter­neh­mens­be­zo­ge­ner Hash­tags oder der An­ga­be einer ge­schäft­li­chen Te­le­fon­num­mer. Ge­ra­de Por­ta­le wie Lin­kedIn, die zu­neh­mend zur Dis­kus­si­on pri­va­ter The­men ge­nutzt wer­den, auf denen die Nut­zer meist aber unter der Flag­ge des Ar­beit­ge­bers auf­tre­ten, ber­gen ein Haf­tungs­ri­si­ko.

Ver­hin­dern lässt sich die Haf­tung des Un­ter­neh­mens selbst durch im Vor­feld ge­trof­fe­ne Ver­bots­re­ge­lun­gen mit sei­nen Be­schäf­tig­ten nicht. Klare Re­ge­lun­gen be­züg­lich der Nut­zung von So­zia­len Me­di­en mit ir­gend­ei­nem be­ruf­li­chen Kon­text kön­nen aber hel­fen, den Blick der Ar­beit­neh­mer für die damit ver­bun­de­nen Haf­tungs­ri­si­ken (auch für sich selbst) zu schär­fen.

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Frank Schembecker ist Partner bei Brandi Rechtsanwälte in Detmold.