Die Sanktionen sind insbesondere in den Verordnungen (EU) 833/2014 sowie 269/2014 geregelt. Hiernach müssen Unternehmen vor allem prüfen, ob ihre Geschäftspartner auf einer Sanktionsliste (insbesondere der EU oder USA) stehen. Ein Treffer bei der Recherche bedeutet regelmäßig ein Verbot, Vereinbarungen mit der jeweiligen Person bzw. dem Unternehmen abzuschließen und/oder zu vollziehen. Bei Letzterem ist zudem darauf zu achten, auch dessen wirtschaftlich Berechtigte zu überprüfen. Denn die Bereitstellungsverbote sind gleichfalls für den Fall relevant, dass zwar nicht der direkte Vertragspartner, aber dessen wirtschaftlich Berechtigte verzeichnet sind. Erschwerend kommt hinzu: Dies gilt nicht nur für direkte Geschäftspartner, sondern ebenso für deren Kunden, soweit diese bekannt sind.
Dabei ist zu empfehlen, bei diesen Background-Checks auf automatisierte Software zurückzugreifen. In der Praxis können allerdings Schwierigkeiten bestehen, Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten des jeweiligen Geschäftspartners zu erlangen. Für diese Überprüfungen sollten in jedem Fall vorab aktuelle Angaben (bspw. Übersichten zu den unmittelbaren und mittelbaren Gesellschaftern sowie Anteils-/Stimmrechtsverhältnissen, Fragebögen oder Registerauszüge) abgefragt werden. Diese Daten sind auch regelmäßig zu aktualisieren. In kritischen Fällen müssen lokale Spezialisten eingebunden werden.
Verbotene Umgehungstricks
In produktbezogener Hinsicht bestehen unter anderem umfassende Verkaufs-, Liefer-, Aus- und Durchfuhrverbote in Bezug auf Waren, Technologien und Dienstleistungen aus verschiedensten Bereichen. Bei Zweifeln über die Zulässigkeit ist zu empfehlen, externen Rat einzuholen und/oder Anfragen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu stellen. Erlässt diese Behörde einen sogenannten Nullbescheid für das konkrete Geschäft, ist dieses zulässig. Die Bearbeitungszeiten führen aber teilweise dazu, dass Transaktionen verzögert werden. Vor allem, wenn Unternehmen mit gelisteten Produkten handeln und diese nicht direkt nach Russland liefern, ist äußerste Vorsicht geboten. Mit dem 11. und 12. Sanktionspaket hat die EU diesen Umgehungsgedanken stärker in den Fokus gerückt. So wurde mit Art. 12g VO (EU) 833/2014 eine Regelung eingeführt, nach der Unternehmen bei der Ausfuhr, Lieferung, Verbringung oder beim Verkauf bestimmter Güter in Drittländer – ausgenommen sind nur wenige Partnerländer der EU – ihren Geschäftspartnern die Wiederausfuhr nach Russland oder deren Verwendung dort vertraglich untersagen müssen.
Im Zusammenhang mit der Umgehung von Sanktionen haben die EU-Kommission sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Guidelines erlassen. Hieran sollten sich die Unternehmen unbedingt orientieren und die erforderlichen Prüfungen durchführen. Mit einer weiteren Verschärfung der Regeln ist zu rechnen. Daher ist es empfehlenswert, die Verträge entsprechend offen zu gestalten. Inwieweit Sanktionsklauseln zu Kündigungs-, Aussetzungs- oder Anpassungsrechten sowie Freistellungspflichten der AGB-Kontrolle standhalten, ist jedoch noch weitgehend offen.
Die ständige Aktualisierung und Verschärfung der Verbote sowie mögliche Umgehungen durch Re-Exporte stellen Unternehmen vor große Schwierigkeiten. Sie müssen ihr Compliance-System sowie die Ein- und Verkaufspolitik zwingend auf das geltende Sanktionsregime ausrichten. Prozessorientierte Betriebe mit guten Kenntnissen über die Bestandteile der Produkte, ihre Lieferkette und Absatzkanäle sind hier im Vorteil. So können auch Maßnahmen getroffen werden, um die Sanktionen der USA, UK und Japans zu beachten. Unterschiede ergeben sich hier seit dem Rückzug der USA aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) vor allem in Bezug auf den Iran. Eine wirksame, international ausgestaltete Sanktions-Compliance ist unerlässlich, um etwaige straf- oder bußgeldbewehrte Verstöße zu vermeiden.
Dr. Stephan Fischer ist Rechtsanwalt, Dr. Jan Henning Martens Partner bei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg.
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