Rechtsperson „light“
Foto_Stefan_Geibel_WEB
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Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts wird nach dem vom BMJV jüngst vorgelegten Referentenentwurf weitreichende Wirkungen haben. Während jetzt das Recht der Personengesellschaften auf dem Vertragsrecht fußt und über die Figur der Gesamthand in Anknüpfung an BGH, NJW 2001, 1056 der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit zugebilligt wird, schafft der Entwurf die Gesamthand ab und geht den umgekehrten Weg.

10. Dez 2020

Der Gesellschaftsvertrag ist nurmehr Gründungsvoraussetzung für die Gesellschaft, deren Rechtsfähigkeit spätestens mit einer einvernehmlichen Teilnahme am Rechtsverkehr oder der optionalen Eintragung in das neue Gesellschaftsregister gesetzlich statuiert wird.

Alle Merkmale, die man bisher aus dem vertraglichen Fundament einer Personengesellschaft ableitet, müssen in konstitutiver Weise „neu“ erschaffen werden, insbesondere das Verbot eigener Anteile der Gesellschaft und das Zustimmungserfordernis aller Gesellschafter zur Anteilsübertragung (§ 711 I BGB-E), An- und Abwachsung (§ 712 BGB-E), die Notwendigkeit von mindestens zwei Gesellschaftern (§ 712a BGB-E), die actio pro socio (§ 715b BGB-E) und sogar die Vertragsautonomie (§ 708 BGB-E). Im Zusammenhang mit der Anfechtungsklage gegen Beschlüsse in Personenhandelsgesellschaften werden Vertragsverletzungen unverblümt unter die „Verletzung von Rechtsvorschriften“ subsumiert (Begründung zu § 110 HGB-E) und damit wie Satzungsverstöße bei Rechtspersonen behandelt. Die rechtsfähige Personengesellschaft mutiert zu einer Rechtsperson „light“, die sich von „echten“ Rechtspersonen nur durch ihre transparente Struktur und durch die freie Gründungsmöglichkeit unterscheiden wird.

So sehr das Leitbild der Erwerbsgesellschaft überzeugt, unter den Tisch fallen könnten andere Gesellschaftstypen wie Bauherrengemeinschaften oder Forschungskooperationen, über deren Rechtsfähigkeit sich die Vertragspartner keine Gedanken zu machen pflegen. Hierfür scheint § 705 II BGB-E eine bemerkenswerte Lösung zu bieten: Wenn die Gesellschafter sich bewusst zwischen der rechts- und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft entscheiden dürfen und müssen, wird man fortan einem fehlenden Willen zur Rechtsfähigkeit entscheidende Relevanz beimessen und den Rechtsverkehr über allgemeine Grundsätze schützen. Auch Rechtspersonen werden schließlich nicht „aus Versehen“ gegründet.

Gelänge es, auf diese Weise eine Reihe von atypischen Gesellschaften vor dem für sie unpassenden Recht rechtsfähiger Gesellschaften zu bewahren, wäre ein großer Schritt getan, und dem Entwurf könnte Erfolg beschieden sein – trotz mancher verbliebener Webfehler wie etwa der unverständlichen „Innenrechtsfähigkeit“ der Gesellschaft bei einer hinausgezögerten Teilnahme am Rechtsverkehr. •

Prof. Dr. Stefan J. Geibel, Maître en droit (Aix-en-Provence), ist Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.