Schon der grundsätzliche Aufbau begegnet Bedenken und gibt vielleicht Ideen zur Verbesserung. Der Gesetzgeber hat die Aufgabe der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zugewiesen, die diese gemeinsam mit Bundesnotarkammer (BNotK), Softwareanbietern und den regionalen Rechtsanwaltskammern (RAK) erledigt. Jede der Beteiligten hat für sich einen Weg gefunden, ihren gesetzlichen Aufgaben gerecht zu werden bzw. ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen und die Abläufe für sich zu optimieren. Leider fehlt es an einer gemeinsamen ordnenden Hand, und deshalb ist das System keineswegs für den Nutzen für die Anwaltschaft und den elektronischen Rechtsverkehr optimiert. So führt die aktuelle Organisation nach wie vor dazu, dass Postfächer eingerichtet und im Anwaltsverzeichnis verzeichnet werden, die Posteingänge empfangen, aber nicht abgerufen werden können. Diese Diskrepanz zwischen Empfangsbereitschaft und Abrufbarkeit beim beA hat der BGH (NJW 2024, 3451; dazu Riemer ZD 2024, 696 (697)) als „unbefriedigend“ bezeichnet und festgehalten, dass dies mit der Verpflichtung, eingehende Nachrichten gem. § 31 VII BRAO zur Kenntnis zu nehmen, „nicht leicht in Einklang zu bringen“ sei.
Die Abläufe wurden verbessert, und bei der Rechtsanwaltskammer des Saarlandes erhalten Berufsanfänger im Idealfall Safe ID und beA-Karte bei der Vereidigung ausgehändigt. Sie können direkt loslegen. Bei anderen Rechtsanwaltskammern wird bei optimalem Verlauf die Safe ID bei der Vereidigung ausgehändigt. Dies verkürzt in den meisten Fällen die Zeit zwischen Empfangsbereitschaft und Abrufbarkeit. Bei Berufsausübungsgesellschaften, weiteren Kanzleien oder erneuter Zulassung ist die Lage komplizierter und es bleibt eine Diskrepanz. Ein empfangsbereites, aber nicht abrufbares beA hat keinen Nutzen für den elektronischen Rechtsverkehr, ist eine Haftungsfalle für die Mitglieder der Rechtsanwaltskammer und bietet erhebliches Schadensrisiko für rechtsuchende Bürger sowie Unternehmen.
Ein Designproblem dürfte sein, dass die BRAK das beA einrichtet und die Zertifizierungsstelle der BNotK die beA-Karten verwaltet sowie dazu eigene Verträge mit den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern schließt. Dies ist aus Sicht der BRAK und der BNotK, nicht aber aus Sicht der Nutzer verständlich und nachvollziehbar. Es gibt kein anderes Postfach, bei dem die Zugangsberechtigung von einem anderen Anbieter mit eigenem Vertrag erworben werden muss. Auch sonst dürfte es keine vergleichbare Konstellation geben. Die Trennung führt auch noch zu einer besonderen „Blüte“ am Ende der Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer. Die BRAK hebt dann die Zugangsberechtigung zum beA auf und löscht dieses, sobald es nicht mehr benötigt wird. Die BNotK besteht aber auf zunächst 24 und anschließend bei der Verlängerung jeweils zwölf Monaten Laufzeit, so dass die Zugangskarte für das nicht mehr zugreifbare oder bereits gelöschte beA bis zum Ende zu zahlen ist. Vergisst man die Kündigung, werden weitere zwölf Monate in Rechnung gestellt. BRAK, BNotK und RAK sind aufgefordert, die Abläufe zu verbessern. Bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt a.M. wird hierüber in der Kammerversammlung 2025 diskutiert.
Schwer nachvollziehbar ist auch die passive Nutzungspflicht für Berufsausübungsgesellschaften nach § 31b V iVm § 31a VI BRAO. Um die Erreichbarkeit der Berufsausübungsgesellschaft auf elektronischem Weg kann es kaum gehen, da diese bereits über die persönlichen beA der geschäftsführenden Gesellschafter erreicht werden kann. Unnötiger bürokratischer Aufwand entsteht dadurch, dass diese nicht mit ihren bereits vorhandenen beA-Karten auch Zugangsrechte für das Postfach der Berufsausübungsgesellschaft erhalten. Richtet ein Mitglied einer Rechtsanwaltskammer eine oder mehrere weitere Kanzleien ein, mag es in bestimmten Konstellationen sinnvoll und vielleicht notwendig sein, getrennte beA einzurichten. Dies für alle weiteren Kanzleien verpflichtend vorzuschreiben, schießt sicher übers Ziel hinaus. Dass für jedes weitere Postfach auch eine weitere beA-Karte beantragt und bezahlt werden muss, ist unnötige Bürokratie mit vermeidbaren Kosten.
Bis Ende 2026 wird europaweit auf Basis der eIDAS 2.0 mit der EU Digital Identity Wallet eine elektronische Brieftasche zur sicheren elektronischen Identifizierung und zum Zugang zu öffentlichen sowie privaten Dienstleistungen geschaffen, deren Möglichkeiten letztlich auch die Ablösung des beA erlauben werden.
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