Urteilsanalyse
Rahmenbedingungen einer gerichtlichen Webkonferenz
Urteilsanalyse
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Die Bestimmung des § 128a I ZPO erlaubt es nach einem Urteil des Kammergerichts vom 12.05.2020, dass die Prozessbevollmächtigten der Parteien über eine Webkonferenz-Anwendung zugeschaltet werden, die auf Rechnern installiert ist, die den Richtern gehören, und die das Gericht nicht gestellt hat.

12. Jun 2020

Anmerkung von
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 12/2020 vom 12.06.2020

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Sachverhalt

Bei einer mündlichen Verhandlung sind die drei Mitglieder eines Berufungssenats im Sitzungssaal anwesend. Sie halten dort eine Videokonferenz mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien ab. Diese sind über eine Webkonferenz-Anwendung zugeschaltet. Die Webkonferenz-Anwendung ist auf Rechnern installiert, die den Richtern gehören. Die Richter haben die Webkonferenz-Anwendung privat organisiert. Fraglich ist, ob diese Vorgehensweise von § 128a I ZPO gedeckt ist.

Entscheidung: Es hat eine ordnungsgemäße mündliche Verhandlung stattgefunden

Die Vorgehensweise ist nach Ansicht des Gerichts von § 128a I ZPO gedeckt. Der Bestimmung sei keine Einschränkung zu entnehmen. Die Verhandlung sei auch öffentlich gewesen, da das Gericht zur Zeit der Verhandlung unbeschadet der Einschränkungen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie für die Öffentlichkeit zugänglich und der Saal, in dem die Senatsmitglieder saßen, ebenfalls geöffnet gewesen sei.

Praxishinweis

§ 128a ZPO erlaubt keine allseitige Videokonferenz (Rauscher COVuR 2020, 2 (6); MüKoZPO/Fritsche, 5. Aufl. 2016, 128a Rn. 3). Denn nach § 219 ZPO werden die Termine an der Gerichtsstelle abgehalten, sofern nicht die Einnahme eines Augenscheins an Ort und Stelle, die Verhandlung mit einer am Erscheinen vor Gericht verhinderten Person oder eine sonstige Handlung erforderlich ist, die an der Gerichtsstelle nicht vorgenommen werden kann. § 128a ZPO verbietet es hingegen nicht, dass Richter private Rechner und private Anwendungen für eine Übertragung von Bild und Ton einsetzen. Denn welchen Weg einer elektronischen Kommunikation die Richter gehen, ist – wie beispielsweise in § 118 AktG – nicht bestimmt. Auch der Datenschutz kann privaten Rechnern und Anwendungen nicht entgegenstehen. Zum einen sind (und bleiben) Sitzungen nach § 128a ZPO öffentlich. Der Richter sollte allerdings § 160 I Nr. 4 ZPO beachten. Das Protokoll enthält danach im Falle des § 128a ZPO den Ort, von dem aus Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen an der Verhandlung teilnehmen.

KG, Urteil vom 12.05.2020 - 21 U 125/19, BeckRS 2020, 8170