NJW-Editorial
Prosit Neuwahl
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© NJW/Harald Schnauder

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Vertrauensfrage verloren, nach der Auflösung des Bundestags durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sollen am 23.2.​2025 Neuwahlen stattfinden. Dabei kommt erstmals das neue Wahlrecht mit dem sogenannten Zweitstimmendeckungsverfahren zur Anwendung. Ein zentrales Thema in fast allen Wahlprogrammen: Bürokratieabbau. Das wird nicht ohne die neue EU-Kommission gehen, die im Februar ihr legislatives Arbeitsprogramm vorlegen will.

2. Jan 2025

Über den Jahreswechsel stehen verfassungsrechtliche Regelungen im Fokus, für die es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bislang wenig Anwendungsfälle gab: Art. 68 und 39 I 4 GG. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Vertrauensfrage verloren, nach der Auflösung des Bundestags durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sollen am 23.2.​2025 Neuwahlen stattfinden. Seit 1949 ist die Vertrauensfrage damit jetzt sechs Mal gestellt worden, in vier Fällen ist sie gescheitert mit der Folge einer Auflösung des Bundestags und anschließenden Neuwahlen (Willy Brandt 1972, Helmut Kohl 1982, Gerhard Schröder 2005 und jetzt im Fall von Olaf Scholz).

Bisher noch keinen Anwendungsfall gab es für das Wahlrecht, nach dem der neue ­Bundestag gewählt wird. 2023 wurde es nach erbittertem Streit mit der Mehrheit der Ampelparteien beschlossen, das BVerfG hat es im vergangenen Jahr weitgehend be­stätigt (NJW 2024, 3201). Damit wird das auf 630 Sitze verkleinerte Parlament nun erstmals nach dem sogenannten Zweitstimmendeckungsverfahren gewählt, weshalb nicht jeder Wahlkreissieg zwingend zu einem Mandat führen wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in der nächsten Legislaturperiode eine Reform der Wahlrechtsreform erfolgen wird.

Ein Blick in die Wahlprogramme offenbart ein gemeinsames Anliegen fast aller Parteien: Bürokratieabbau. Am radikalsten fordert es die FDP, die unter anderem eine „Büro­kratiebremse“ ins Grundgesetz schreiben und mit einem dreijährigen Moratorium neue Regulierungen verbieten will, die zu bürokratischen Belastungen für Unternehmen führen würden. Aber auch SPD, Union und Grüne wollen das Regelungsdickicht lichten, um die Wirtschaft zu entlasten.

Die neue Bundesregierung wird sich dabei mit der neuen Europäischen Kommission ins Benehmen setzen müssen. Im Februar will diese ihr legislatives Arbeitsprogramm vorlegen, das Präsidentin Ursula von der Leyen schon in politischen Leitlinien ­skizziert hat. Neben Prioritäten wie Sicherheit, dem Green Deal und Migration ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas darin das zentrale Thema. Diese soll insbesondere durch einen „Better-Regulation“-Ansatz erreicht werden, der auch eine Vereinfachung von (geplanten) Rechtsvorschriften vorsieht. Ob die guten Vorsätze in Berlin und Brüssel in den Amtsperioden bis 2029 auch umgesetzt werden, bleibt freilich abzuwarten. Wir werden Sie über alle relevanten Entwicklungen gewohnt zuverlässig und schnell informieren.

In diesem Sinne wünsche ich den Leserinnen und Lesern der NJW im Namen des ­gesamten Redaktionsteams ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr.

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Rechtsanwalt Tobias Freudenberg ist Schriftleiter der NJW, Frankfurt a.M..