Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl
Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 18/2021 vom 16.09.2021
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Sachverhalt
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe und traf eine Adhäsionsentscheidung. Der Angeklagte legte Revision ein und beantragte, ihm zur Verteidigung gegen den Adhäsionsantrag Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verteidigerin zu bewilligen.
Entscheidung: Kein Nebeneinander von Prozesskostenhilfe und notwendiger Verteidigung
Der BGH hat den Antrag abgelehnt.
Der Angeklagte habe keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, da ihm bereits eine Pflichtverteidigerin beigeordnet sei. Sei die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig im Sinn von § 140 StPO, erstrecke sich die Notwendigkeit auf das gesamte Verfahren (§ 143 Abs. 1 StPO), mithin auch auf die Verteidigung gegen Adhäsionsanträge. Dies folge bereits aus der engen tatsächlichen und rechtlichen - in der Regel untrennbaren - Verbindung zwischen der Verteidigung gegen den Tatvorwurf und der Abwehr des aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs des Verletzten. Auch der Gesetzgeber sei mit der Regelung der Nr. 4143 VV RVG davon ausgegangen, dass die Gebühr für das Adhäsionsverfahren ohne Weiteres dem Pflichtverteidiger zustehe.
Ferner habe der Gesetzgeber die PKH-Richtlinie 2016/1919/EU unter Beibehaltung des Systems der notwendigen Verteidigung umgesetzt. Nach seinem Willen solle es im Strafverfahren kein Nebeneinander von PKH und notwendiger Verteidigung geben. § 404 Abs. 5 StPO, der die Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Angeschuldigten im Adhäsionsverfahren zulasse, gebiete keine andere Wertung. Er behalte Bedeutung für die Fälle, in denen die Voraussetzungen des § 140 StPO nicht vorlägen.
Praxishinweis
Der BGH hat nunmehr eine zwischen Literatur und Teilen der Rechtsprechung heftig umstrittene Streitfrage entschieden. Die Bestellung des Pflichtverteidigers umfasst danach auch die Vertretung im Adhäsionsverfahren. Die in der Literatur gegebene Empfehlung, der Pflichtverteidiger solle wegen des Streits in der Rechtsprechung der Obergerichte vorsorglich aber immer die Erstreckung der Bestellung auch auf die Tätigkeit im Additionsverfahren beantragen (so Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, VV 4143, 4144, Rn. 5 m. w. N.) hat sich damit (hoffentlich) erledigt.
BGH, Beschluss vom 27.07.2021 - 6 StR 307/21, rechtskräftig, BeckRS 2021, 24899