Kolumne

Persönliches Nichterscheinen
© NJW/Harald Schnauder

Die Justizministerkonferenz hat bisher weitgehend unbemerkt ein heißes Eisen angepackt: No-Show-Klauseln. Neben der Gastronomie sehen inzwischen auch Praxen und Friseurgeschäfte Terminausfallpauschalen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Die JuMiKo sieht hier eine gewisse Rechtsunsicherheit und regt gesetzgeberische Klarstellungen an. Das No-Show-Phänomen ist übrigens auch bei juristischen Veranstaltungen bekannt.

4. Jul 2025

Erst anmelden und dann nicht kommen. Dieses Phänomen kennt man von vielen Veranstaltungen, die nichts kosten. Es ist auch in der Juristenwelt verbreitet. So manches Event beeindruckte schon mit einer langen und erlauchten Gästeliste, bis man dann einen spärlich besetzten Saal betrat, in dem sich viel weniger Teilnehmer tummelten, als sich angekündigt hatten. Es gibt sogar einige prominente Juristen, die halboffiziell als „No-Shows“ gelten, weil sie sich oft ansagen, aber selten anreisen. Die Anwesenden nicken sich dann wissend zu, wenn deren Namensschilder mal wieder einsam auf den Auslagetischen zurück­bleiben. Da die Betroffenen nicht vor Ort sind, kriegen sie das nicht mit. Die Prangerwirkung ist daher gering. Es soll aber Veranstalter ­geben, die unentschuldigtes Fehlen wie weiland im Klassenbuch vermerken und ab drei Eintragungen die entsprechende Person nicht mehr ein­laden. Namen tun hier natürlich nichts zur Sache.

Für die Veranstalter ist das persönliche Nichterscheinen unerfreulich. Immerhin hat man für die vollständige Teilnehmerzahl Raum­kapazitäten gebucht und Catering bestellt. Für Restaurants und andere ­Betriebe ist „No-Show“ nicht nur ein Ärgernis, ­sondern ein „No-Go“, weil es die Kalkulation verhagelt und zu kritischen Umsatzeinbußen führen kann. Vor geraumer Zeit begann die Gastrobranche daher mit sogenannten No-Show-Klauseln (juristischer ausgedrückt: Stornierungsgebühren oder Terminausfallpauschalen) zu ­experimentieren. Nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine Entschädigung zu zahlen, wenn eine Reservierung nicht wahr­genommen oder nicht rechtzeitig abgesagt wird. Inzwischen sind die Klauseln weit verbreitet, auch Praxen, Friseure und andere Unternehmen, die Termine vergeben, haben sie für sich entdeckt.

Wenig überraschend kommt es wegen der No-Show-Klauseln immer wieder zu juristischen Show-Downs, heißt: zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Die Rechtsprechung zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit lässt sich mit unserer Lieblings-Floskel zusammenfassen: Es kommt darauf an. Die Fälle eignen sich wunderbar für eine geradezu schulmäßige Prüfung der §§ 305 ff. BGB. Neben der praktischen Bedeutung hat das Thema daher auch große Prüfungsrelevanz. Wer es also ganz genau wissen will: Seidel NJW 2024, 2798.

Die Justizministerkonferenz war auf ihrer Frühjahrstagung im Juni der Meinung, dass hier mehr Rechtssicherheit wünschenswert sei. Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz möge ­daher prüfen, ob und inwieweit Änderungen und Ergänzungen der ­gesetzlichen Regelungen nötig sind, heißt es in einem Beschluss der ­JuMiKo. Den Ressortchefs geht es dabei sowohl um die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch um „die Verwendenden“, wie sie schreiben. Das triggert den Redakteur natürlich so, dass er für die Tagesordnung der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -­minister den Punkt anregt: Förderung einer geschlechtergerechten Sprache ohne deren Verhunzung.

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Rechtsanwalt Tobias Freudenberg ist Schriftleiter der NJW, Frankfurt a.M.