Den Fall hatte ein Kieferorthopäde vors Gericht gebracht, dem es keine Ruhe ließ, dass die leidige Konkurrenz ein ganz klein wenig geschäftstüchtiger war als er selbst. Denn sonst wäre er es ja gewesen, der das Schönheitsideal seiner Patienten abgearbeitet und sich dabei ganz nebenbei noch eine goldene Nase verdient hätte. Aber weil es eben der spätere Antragsgegner war, der diese lukrative Marktnische für sich entdeckt hatte, ruhte der spätere Antragsteller nicht, bis er endlich einen Ansatz gefunden hatte, an dem er sich ordentlich festbeißen konnte, um den fröhlich sprudelnden Geldhahn der Gegenseite zu einem nicht einmal mehr müde vor sich hintröpfelnden Rinnsal zurechtzustutzen. Fündig wurde er bei einer vollmundigen Werbung der Gegenseite für eine Zahnspange. Die versprach nämlich nicht weniger als – Sie ahnen es bereits – perfekte Zähne, wenn man bereit war, besagte und selbstredend kostengünstige Zahnspange für rund ein halbes Jahr zu tragen. Das LG Frankfurt a.M. fand nichts dabei und argumentierte mit dem Auge des Betrachters (siehe oben). Anders das OLG Frankfurt a.M. Auch wenn die Anpreisung „perfekte Zähne“ nicht vollständig objektivierbar sei, enthalte sie doch einen ebensolchen Tatsachenkern. Erschwerend kam außerdem hinzu, dass die perfekten Zähne auch noch von einem Fachmann, nämlich von einem Kieferorthopäden, angepriesen wurden. Denn anders als bei Werbeaussagen für Kosmetika, bei der mittlerweile jedes Kleinkind wisse, dass keine Lotion der Welt, von Miraculix’ Zaubertrank mal abgesehen, in der Lage sei, 60 Jahre ausschweifende „Dolce Vita“ quasi über Nacht auszuradieren, sei man bei Werbeaussagen von Ärzten weit weniger geneigt, von reklamehaften Übertreibungen auszugehen. Denn Ärzte hätten einen Heilauftrag – und die Kosmetikindustrie eben nicht.