NJW-Editorial
Online-Verfahren für Gesellschaften
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Das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) ist nicht einmal in Kraft getreten, da überrascht das Bundesjustizministerium die Fachöffentlichkeit bereits mit dem Referentenentwurf für ein Ergänzungsgesetz (DiREG). Was auf den ersten Blick nach wenigen, eher technischen Änderungen aussieht, hat es in sich, nicht zuletzt wegen einiger unterschwelliger Botschaften in der Begründung.

7. Apr 2022

Die digitale GmbH-Gründung und Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen, die zum 1.8. möglich werden, sind im Wesentlichen auf Zustimmung gestoßen, nicht zuletzt weil der Gesetzgeber sich dabei eines behutsamen Regelungsansatzes bedient hat. Dieser wäre dem DiRUG im parlamentarischen Verfahren fast zum Verhängnis geworden, zumal teilweise deutlich weitergehende Öffnungen für Online-Verfahren gefordert wurden. Auch die neue Regierung hat sich im Koalitionsvertrag eine weitergehende Digitalisierung verordnet. Eine erste Frucht ist der vorliegende Entwurf.

Uneingeschränkt zu begrüßen ist die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Online-Beglaubigung – über Kapitalgesellschaften und Einzelkaufleute hinaus – auf Registeranmeldungen von Personengesellschaften, Genossenschaften und Vereine. Das erscheint bereits mit Blick auf die GmbH & Co. KG geboten. Kritisch ist indes die Einbeziehung der GmbH-Sachgründung in das Online-Beurkundungsverfahren zu würdigen. Das Sachgründungsverfahren ist komplex und für Gläubiger mit größeren Risiken verbunden als die Bargründung. Zudem fehlt es bisher an einer Erprobung des Online-Verfahrens. Dass die Sachgründung generell auszunehmen ist, belegt auch ihr konkreter Anwendungsbereich, der – sehr zu Recht – die Einbringung von Grundstücken und GmbH-Anteilen ausnimmt. Zutreffend ausgenommen bleiben AG-Gründung, GmbH-Anteilsübertragung, Umwandlungsmaßnahmen und Unternehmensverträge.

Mit der Online-Beurkundung von einstimmigen satzungsändernden GmbH-Gesellschafterbeschlüssen wird die Praxis leben können, weil es typischerweise keinen Konflikt unter den Gesellschaftern gibt. Bedeutsam ist hierzu die Klarstellung in der Begründung, dass die Beschlüsse als Willenserklärungen zu beurkunden sind, die Aufnahme eines virtuellen Tatsachenprotokolls also ausscheidet. Im Interesse einer flächendeckenden Versorgung mit notariellen Leistungen wird das Amtsbereichsprinzip dahingehend konkretisiert, dass nun der Wohnsitz der organschaftlichen Vertreter dort belegen sein muss. Schließlich dient es der vorsorgenden Rechtspflege, dass nach der Begründung Online-Verfahren ausscheiden, wenn das deutsche Recht ein Präsenzverfahren vorsieht. Das schließt auch eine Substitution deutscher Präsenzbeurkundungen durch auslän­dische Online-Beurkundungen generell aus. Letztere können auch keine deutschen ­Online-Verfahren ersetzen, wenn sie kein vergleichbares Identifizierungsverfahren (eID und Lichtbildabgleich) anwenden.

Prof. Dr. Jan Lieder, LL.M. (Harvard), ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und​Wirtschaftsrecht an der Universität Freiburg.