Anmerkung von
Senator E. h. Ottheinz Kääb, LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 23/2020 vom 19.11.2020
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AKB 2015 A.2.5.5.1; BGB §§ 133, 157, 164 III; VVG § 69 I Nr. 2
Sachverhalt
Der Kläger hat für sein Fahrzeug eine Teilkaskoversicherung bei der Beklagten unter Verwendung von AKB mit Stand Mai 2017 abgeschlossen. Am 06.04.2018 wurde das Fahrzeug entwendet. Am gleichen Tag meldete der Kläger den Schaden bei einem Versicherungsagenten der Beklagten. Das Schadensformular schickte er am 03.05.2018 zurück.
Am 08.05.2018 wurde das Fahrzeug von der Polizei aufgefunden. Dies teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 09.05.2018. Sie teilte auch mit, dass die in den Versicherungsbedingungen vereinbarte Monatsfrist für den Übergang des Eigentums am Fahrzeug auf den Versicherer noch nicht abgelaufen sei. Das Fahrzeug könne nach Freigabe durch die Polizei bei einem bestimmten Abschleppunternehmen abgeholt werden. Die Beklagte ließ ein Gutachten fertigen. Darin waren kleinere Schäden am Fahrzeug mit rund 1.200 EUR beziffert und es wurde ein Wiederbeschaffungswert von rund 14.000 EUR festgestellt. Der Listenpreis betrug netto rund 20.000 EUR.
Die Beklagte ließ die Schäden am Fahrzeug reparieren. Da das Fahrzeug mit einem Originalschlüssel entwendet worden war, ließ sie ferner eine neue Schließanlage einbauen und forderte nun den Kläger auf, das Fahrzeug abzuholen. Daraufhin reichte dieser Klage auf Neuwertentschädigung ein.
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die Monatsfrist, in der er zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet war, abgelaufen sei. Er argumentiert, die Monatsfrist habe schon mit der telefonischen Meldung des Versicherungsfalles zu laufen begonnen. In den Versicherungsbedingungen sei der Beginn dieser Frist nicht weiter beschrieben.
Rechtliche Wertung
Vor dem Landgericht scheiterte der Kläger, mit der Berufung hatte er teilweise Erfolg. Der Kläger habe nach Eintritt des unstreitigen Versicherungsfalls Anspruch auf Ersatz der geschuldeten Entschädigung sowie auf Auszahlung eines aufgrund der vorgelegten Ermächtigung berechtigterweise zugunsten der finanzierenden Bank sich ergebenden Spitzenbetrages, entschied das OLG.
Die vertraglichen Voraussetzungen seien sämtlich erfüllt. Der Kläger sei zur Rücknahme des entwendeten Fahrzeugs verpflichtet, wenn dieses «innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadenanzeige» wieder aufgefunden werde. Die Monatsfrist könne nicht erst mit Eingang der schriftlichen Schadenanzeige beginnen, sondern laufe schon mit der telefonischen Anzeige des Versicherungsfalls gegenüber dem Agenten der Beklagten.
Praxishinweis
Die Entscheidung wird hier vorgelegt, weil über den Fristenlauf der Wiederbeibringungszeiträume häufig Streit entsteht. Welche Frist und ab wann sie gilt, ist vom Oberlandesgericht klar beantwortet worden. Der Senat hat im Übrigen eine Vielzahl kleinerer Streitigkeiten, die bei derartigen Fällen häufiger auftreten, mit beantwortet. Gerade weil zur Frage der Kaskoentschädigung sehr umfangreich Stellung genommen wurde, ist die Entscheidung für die Praxis von erheblicher Bedeutung.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.09.2020 - 5 U 91/19 (LG Saarbrücken), BeckRS 2020, 29986