Urteilsanalyse

Ohne Ver­mö­gens­be­richt keine Ent­las­tung
Urteilsanalyse
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Hat der Ver­wal­ter kei­nen Ver­mö­gens­be­richt vor­ge­legt, ent­spricht der Ent­las­tungs­be­schluss nicht ord­nungs­mä­ßi­ger Ver­wal­tung. Der Pflicht zur Vor­la­ge des Ver­mö­gens­be­richts kommt der Ver­wal­ter nach einem Ur­teil des LG Frank­furt a.M. nicht be­reits mit der Vor­la­ge der Jah­res­ab­rech­nung und einer Ein­nah­men-Aus­ga­ben-Rech­nung nach. 

22. Dez 2023

An­mer­kung von
Rechts­an­walt Ni­ko­lay Pra­ma­tar­off, Rechts­an­wäl­tin Fran­zis­ka Bordt, Rechts­an­wäl­te Bub, Mem­min­ger & Part­ner, Mün­chen

Aus beck-fach­dienst Miet- und Woh­nungs­ei­gen­tums­recht 25/2023 vom 21.12.2023

Diese Ur­teils­be­spre­chung ist Teil des zwei­wö­chent­lich er­schei­nen­den Fach­diens­tes Miet- und Woh­nungs­ei­gen­tums­recht. Neben wei­te­ren aus­führ­li­chen Be­spre­chun­gen der ent­schei­den­den ak­tu­el­len Ur­tei­le im Miet- und Woh­nungs­ei­gen­tums­recht be­inhal­tet er er­gän­zen­de Leit­satz­über­sich­ten und einen Über­blick über die re­le­van­ten neu er­schie­ne­nen Auf­sät­ze. Zudem in­for­miert er Sie in einem Nach­rich­ten­block über die wich­ti­gen Ent­wick­lun­gen in Ge­setz­ge­bung und Pra­xis. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen und eine Schnell­be­stell­mög­lich­keit fin­den Sie unter www.​beck-​online.​de

Sach­ver­halt

Die Klä­ge­rin ficht mit der An­fech­tungs­kla­ge den Be­schluss über die Ent­las­tung des Ver­wal­ters an, der in der Ei­gen­tü­mer­ver­samm­lung vom 21.5.2022 ge­fasst wurde. Sie meint, der Ent­las­tungs­be­schluss ent­spre­che nicht ord­nungs­ge­mä­ßer Ver­wal­tung, da der Ver­wal­ter kei­nen Ver­mö­gens­be­richt vor­ge­legt habe. Die Be­klag­te wen­det ein, dass der Klä­ge­rin die Jah­res­ab­rech­nung vor­lag, zudem habe die Klä­ge­rin um­fang­rei­che Ab­rech­nungs­un­ter­la­gen er­hal­ten.

Das Amts­ge­richt hat der Klage statt­ge­ge­ben. Hier­ge­gen wen­det sich die Be­klag­te mit ihrer Be­ru­fung und legt noch eine Ein­nah­men-Aus­ga­ben-Rech­nung für 2021 vor.

Ent­schei­dung

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat kei­nen Er­folg.

Zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­grün­dung habe das Amts­ge­richt den Be­schluss über die Ent­las­tung des Ver­wal­ters für un­gül­tig er­klärt. Der Ent­las­tung komme die Wir­kung eines ne­ga­ti­ven Schuld­an­er­kennt­nis­ses im Sinne von § 397 Abs. 2 BGB zu, damit seien zu­min­dest An­sprü­che, wel­che der Ge­mein­schaft be­kannt ge­we­sen seien aus­ge­schlos­sen. Un­strei­tig ent­spre­che ein Ent­las­tungs­be­schluss je­den­falls dann nicht ord­nungs­mä­ßi­ger Ver­wal­tung, wenn noch An­sprü­che aus dem Ent­las­tungs­zeit­raum be­stün­den. Zu die­sen An­sprü­chen wür­den auch Aus­künf­te oder Er­klä­run­gen ge­hö­ren, wel­che der Ver­wal­ter der GdWE schul­de. Er­fasst sei in­so­weit eben­falls die Ver­pflich­tung zur Er­stel­lung des Ver­mö­gens­be­richts. In­so­weit könne eine Ent­las­tung nur dann er­teilt wer­den, wenn der Ver­mö­gens­be­richt (§ 28 Abs. 4 WEG) um­fas­send und zu­tref­fend er­stellt wor­den sei. Denn an­de­ren­falls könn­te die Ge­mein­schaft einen An­spruch eines ein­zel­nen Woh­nungs­ei­gen­tü­mers auf Vor­la­ge oder Kor­rek­tur eines Ver­mö­gens­be­rich­tes nicht er­fül­len, da hier­zu ein Tä­tig­wer­den des Ver­wal­ters er­for­der­lich wäre, wel­ches die­ser ge­gen­über der Ge­mein­schaft al­ler­dings nicht mehr schul­de.

Vor­lie­gend sei ein ent­spre­chen­der Ver­mö­gens­be­richt, der den An­for­de­run­gen des § 28 Abs. 4 WEG ge­nü­ge, nicht vor­ge­legt wor­den. Die von der Klä­ge­rin vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen seien nicht aus­rei­chend.

Der Ver­mö­gens­be­richt solle die Ei­gen­tü­mer in die Lage ver­set­zen, ein mög­lichst ge­nau­es Bild über die wirt­schaft­li­che Lage der Ge­mein­schaft zu er­hal­ten. Min­des­t­in­halt des Be­rich­tes sei eine Auf­stel­lung des we­sent­li­chen Ge­mein­schafts­ver­mö­gens, wozu For­de­run­gen der Ge­mein­schaft, die Ver­bind­lich­kei­ten der Ge­mein­schaft und die we­sent­li­chen Ver­mö­gens­wer­te ge­hö­ren wür­den. Der Be­richt habe in einer Art und Weise zu er­fol­gen, dass einem durch­schnitt­li­chen Woh­nungs­ei­gen­tü­mer ohne Zu­hil­fe­nah­me fach­li­cher Hilfe ein Ver­ständ­nis mög­lich sei.

Die­sen An­for­de­run­gen sei der Ver­wal­ter vor­lie­gend nicht ge­recht ge­wor­den. Der Ver­mö­gens­be­richt sei ein se­pa­ra­tes Do­ku­ment, wel­ches allen Ei­gen­tü­mern nach Ab­lauf des Ab­rech­nungs­zeit­raums zu über­mit­teln sei und nicht Be­stand­teil der Jah­res­ab­rech­nung oder von Aus­kunfts­an­sprü­chen der Ei­gen­tü­mer. In­so­weit gehe der Ein­wand der Be­ru­fung, dass die Klä­ge­rin vor­ge­richt­lich be­reits Ab­rech­nungs­un­ter­la­gen er­hal­ten habe, ins Leere. Es sei je­den­falls nicht die Auf­ga­be der Ei­gen­tü­mer, sich die zu er­tei­len­den In­for­ma­tio­nen aus den vom Ver­wal­ter im Laufe des Jah­res über­sand­ten Un­ter­la­gen her­aus­zu­su­chen.

Pra­xis­hin­weis

Dem Ur­teil ist zu­zu­stim­men.

Der Ver­mö­gens­be­richt nach § 28 Abs. 4 WEG soll den Ei­gen­tü­mern einen In­for­ma­ti­ons­an­spruch schaf­fen, durch wel­chen die Ei­gen­tü­mer ein mög­lichst ge­nau­es Bild über die wirt­schaft­li­che Lage der Ge­mein­schaft er­hal­ten (BT-Drs. 19/18791, 77) und dient somit Kon­troll­zwe­cken. Er ist von der Jah­res­ab­rech­nung aus § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG los­ge­löst (Bar­tho­lo­me in Be­ck­OK WEG, 2.10.2023, § 28 WEG Rn. 154). Nach § 28 Abs. 4 WEG hat der Ver­wal­ter nach Ab­lauf eines Ka­len­der­jah­res einen Ver­mö­gens­be­richt zu er­stel­len; jeder Woh­nungs­ei­gen­tü­mer hat somit gegen die GdWE einen An­spruch auf Er­stel­lung des Ver­mö­gens­be­richts, den diese durch den Ver­wal­ter als Organ zu er­fül­len hat (Be­cker in Bär­mann, 15. Auf­la­ge 2023, § 28 WEG Rn. 264).

Da ein Ent­las­tungs­be­schluss kei­ner ord­nungs­ge­mä­ßer Ver­wal­tung ent­spricht, wenn An­sprü­che gegen den Ver­wal­ter er­kenn­bar in Be­tracht kom­men (BGH, NZM 2003, 764), war die Klage ab­zu­wei­sen.

LG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 9.11.2023 – 2-13 S 3/23, 2-13 T 24/23 BeckRS 2023, 34661