Anmerkung von
Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff, Rechtsanwältin Franziska Bordt, Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München
Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 25/2023 vom 21.12.2023
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Sachverhalt
Die Klägerin ficht mit der Anfechtungsklage den Beschluss über die Entlastung des Verwalters an, der in der Eigentümerversammlung vom 21.5.2022 gefasst wurde. Sie meint, der Entlastungsbeschluss entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da der Verwalter keinen Vermögensbericht vorgelegt habe. Die Beklagte wendet ein, dass der Klägerin die Jahresabrechnung vorlag, zudem habe die Klägerin umfangreiche Abrechnungsunterlagen erhalten.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und legt noch eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 2021 vor.
Entscheidung
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung habe das Amtsgericht den Beschluss über die Entlastung des Verwalters für ungültig erklärt. Der Entlastung komme die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses im Sinne von § 397 Abs. 2 BGB zu, damit seien zumindest Ansprüche, welche der Gemeinschaft bekannt gewesen seien ausgeschlossen. Unstreitig entspreche ein Entlastungsbeschluss jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn noch Ansprüche aus dem Entlastungszeitraum bestünden. Zu diesen Ansprüchen würden auch Auskünfte oder Erklärungen gehören, welche der Verwalter der GdWE schulde. Erfasst sei insoweit ebenfalls die Verpflichtung zur Erstellung des Vermögensberichts. Insoweit könne eine Entlastung nur dann erteilt werden, wenn der Vermögensbericht (§ 28 Abs. 4 WEG) umfassend und zutreffend erstellt worden sei. Denn anderenfalls könnte die Gemeinschaft einen Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Vorlage oder Korrektur eines Vermögensberichtes nicht erfüllen, da hierzu ein Tätigwerden des Verwalters erforderlich wäre, welches dieser gegenüber der Gemeinschaft allerdings nicht mehr schulde.
Vorliegend sei ein entsprechender Vermögensbericht, der den Anforderungen des § 28 Abs. 4 WEG genüge, nicht vorgelegt worden. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen seien nicht ausreichend.
Der Vermögensbericht solle die Eigentümer in die Lage versetzen, ein möglichst genaues Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft zu erhalten. Mindestinhalt des Berichtes sei eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens, wozu Forderungen der Gemeinschaft, die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft und die wesentlichen Vermögenswerte gehören würden. Der Bericht habe in einer Art und Weise zu erfolgen, dass einem durchschnittlichen Wohnungseigentümer ohne Zuhilfenahme fachlicher Hilfe ein Verständnis möglich sei.
Diesen Anforderungen sei der Verwalter vorliegend nicht gerecht geworden. Der Vermögensbericht sei ein separates Dokument, welches allen Eigentümern nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zu übermitteln sei und nicht Bestandteil der Jahresabrechnung oder von Auskunftsansprüchen der Eigentümer. Insoweit gehe der Einwand der Berufung, dass die Klägerin vorgerichtlich bereits Abrechnungsunterlagen erhalten habe, ins Leere. Es sei jedenfalls nicht die Aufgabe der Eigentümer, sich die zu erteilenden Informationen aus den vom Verwalter im Laufe des Jahres übersandten Unterlagen herauszusuchen.
Praxishinweis
Dem Urteil ist zuzustimmen.
Der Vermögensbericht nach § 28 Abs. 4 WEG soll den Eigentümern einen Informationsanspruch schaffen, durch welchen die Eigentümer ein möglichst genaues Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft erhalten (BT-Drs. 19/18791, 77) und dient somit Kontrollzwecken. Er ist von der Jahresabrechnung aus § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG losgelöst (Bartholome in BeckOK WEG, 2.10.2023, § 28 WEG Rn. 154). Nach § 28 Abs. 4 WEG hat der Verwalter nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen; jeder Wohnungseigentümer hat somit gegen die GdWE einen Anspruch auf Erstellung des Vermögensberichts, den diese durch den Verwalter als Organ zu erfüllen hat (Becker in Bärmann, 15. Auflage 2023, § 28 WEG Rn. 264).
Da ein Entlastungsbeschluss keiner ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen (BGH, NZM 2003, 764), war die Klage abzuweisen.
LG Frankfurt a. M., Urteil vom 9.11.2023 – 2-13 S 3/23, 2-13 T 24/23 BeckRS 2023, 34661