Anmerkung von
Senator E. h. Ottheinz Kääb, LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 7/2021 vom 14.04.2021
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BGB §§ 249, 254
Sachverhalt
Bei unstreitigem Anspruchsgrund begehrt die Klägerin weiteren Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall. Im Wesentlichen geht es dabei um Nutzungsausfallsentschädigung. Das klägerische Fahrzeug ist wegen der Reparatur über 127 Tage hinweg ausgefallen.
Die Klägerin hat einen Teil ihrer Ansprüche beim Landgericht erhalten, verfolgt aber mit ihrer Berufung weitergehende Ansprüche. Ursache für die Verzögerung der Reparatur war eine Ersatzteilbeschaffung. Ein Airbagmodul für die Beifahrertür war nicht sofort lieferbar und der an die rechte vordere Tür führende Kabelbaum wurde erst Monate später der Reparaturfirma geliefert.
Rechtliche Wertung
Die Klägerin dringt mit ihrem Vortrag überwiegend durch. Der Geschädigte sei nicht verpflichtet, sich über eine andere Firma einen schneller zu liefernden Kabelbaum zu sichern und eine flottere Lieferung des Airbagmoduls zu erreichen.
Die Beklagte habe zudem ihrer sekundären Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Verzögerung nicht genügt, denn sie habe noch nicht einmal feste Behauptungen aufgestellt, sondern nur pauschal vorgetragen, dass sie «davon ausgehe», dass eine raschere Ersatzteillieferung über eine andere Firma möglich gewesen wäre.
Hat die Werkstatt die Verzögerung mit Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen (hier: Airbag-Modul für die Beifahrerseite) begründet, trifft den Geschädigten keine dahingehende Schadenminderungspflicht, selbst bei anderen Werkstätten oder bei dem Fahrzeughersteller nach der Verfügbarkeit der Ersatzteile zu forschen. Er darf sich vielmehr grundsätzlich darauf verlassen, dass die von ihm beauftragte Werkstatt sich unter Ausschöpfung aller verfügbaren Möglichkeiten um die zeitnahe Beschaffung der Ersatzteile bemühen wird.
Die Klägerin sei zwar in der Ausfallszeit mit dem Fahrzeug ihres Sohnes, das in dessen Eigentum steht, teilweise gefahren, aber dies entlaste den Schädiger nicht. Dieses Fahrzeug könne nicht als «Zweitfahrzeug» bezeichnet werden, sondern sei kostenlos vom Sohn der Mutter zur Verfügung gestellt worden.
Der Geschädigte müsse sich zur Verkürzung der Ausfallzeit auch grundsätzlich nicht mit einer Teilreparatur seines Kfz zufrieden geben.
Weitere Verpflichtungen könne man der Klägerin nicht auferlegen.
Praxishinweis
Die Entscheidung wird hier vorgelegt, weil zum Nutzungsausfall und zu den Verpflichtungen des Geschädigten umfassende Ausführungen vom Senat gemacht werden, der Rechtsprechung und Literatur in reichem Maße verwertet. Deshalb ist dieses Urteil für die Praxis von Bedeutung.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.2021 - 1 U 77/20 (LG Düsseldorf), BeckRS 2021, 5819