Recht im Unternehmen
Viel Neues im Aktienrecht
Recht im Unternehmen
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Der Regierungsentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) hat die erste Lesung im Bundestag durchlaufen. Darin enthalten sind auch etliche Änderungen im Aktiengesetz; sogar Mehrstimmrechte kehren zurück. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ergeben sich dabei interessante Neuerungen – aber auch Risiken, die es in der Praxis abzufedern gilt.

7. Nov 2023

Durch das ZuFinG soll Deutschland für innovative Unternehmen attraktiver und privates Kapital mobilisiert werden. Der Gesetzgeber reagiert damit vor allem auf die starke Konkurrenz aus Nachbarländern wie Luxemburg und den Niederlanden, die über ein deutlich flexibleres Gesellschaftsrecht verfügen. Gerade erfolgreiche Start-ups erwägen zunehmend den Gang ins Ausland, wenn sie eine für einen größeren Gesellschafterkreis geeignete Rechtsform anstreben.

Um die deutsche AG für gründergeführte Unternehmen attraktiver zu machen, sieht das Gesetz die Wiedereinführung von Mehrstimmrechtsaktien vor; 1998 waren diese „Golden Shares“ durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) abgeschafft worden. Künftig können sie bis zum Zehnfachen des Stimmgewichts normaler Aktien haben. Solche Aktien lassen sich allerdings praktisch nur vor dem IPO schaffen, da sämtliche Aktionäre (außer Inhaber stimmrechtloser Vorzugsaktien) der Einführung zustimmen müssen. Überdies laufen die Mehrstimmrechte nach spätestens zehn Jahren ab, sofern die Aktionäre keine Verlängerung beschließen (maximal um zehn Jahre). Solche Aktien sind eine interessante Option, wenn sich die Gründer für einige Zeit nach dem Börsengang einen gesteigerten Einfluss sichern möchten. Abzuwägen ist dies gegen etwaige Abschläge auf den Preis.

Krypto-Namensaktien kommen

Auch für vorhandene Emittenten und andere Unternehmen bietet das ZuFinG interessante Neuerungen. So ermöglicht es die elektronische Aktie. Es ist davon auszugehen, dass gerade börsennotierte Gesellschaften von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und zukünftig auf eine Globalurkunde als letzte physische Aktienurkunde verzichtet werden. Die Rechte der Inhaber werden durch diese Umstellung nicht verändert. Gänzlich neu ist die Möglichkeit, Krypto-Namensaktien zu schaffen. Für diese wird kein zentrales Verzeichnis geführt. Die Registrierung der Übertragung erfolgt vielmehr im Wege der Blockchain-Technologie. Diese Option dürfte gerade für junge Unternehmen im Krypto-Sektor spannend sein, auch um die Kosten der Verwahrstelle zu sparen.

Daneben enthält das ZuFinG wesentliche Änderungen für Kapitalerhöhungen. So steigt das maximale bedingte Kapital (beispielsweise für Unternehmenserwerbe) auf 60%, wovon künftig bis zu 20% für Mitarbeiteroptionsprogramme zur Verfügung stehen. Zudem wird der Umfang des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses von 10% auf 20% erhöht. Für Unternehmen bietet diese Änderung ein erfreuliches Plus an Flexibilität, handelt es sich doch um die für die Praxis wichtigste Form der kurzfristigen Eigenkapitalfinanzierung. Wichtig wird sein, dass die einflussreichen Aktionärsberater die Anhebung der Grenze akzeptieren. Unternehmen sollten in jedem Fall vorab mit wesentlichen Eigentümern abstimmen, ob eine Ausweitung des genehmigten Kapitals deren Zustimmung findet.

Eine Anfechtung wegen zu niedriger Einlage ist nur noch bei Erhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss per Direktbeschluss möglich. Sonst sind die Aktionäre auf das Spruchverfahren verwiesen, um eine Nachbesserung zu erstreiten. Die Haftung kann zwar von den Zeichnern übernommen werden, Ankeraktionäre werden hierzu aber wohl kaum bereit sein. Damit haftet die Gesellschaft, wobei sie gegebenenfalls Ausgleich in Form zusätzlicher Aktien leisten kann. Im Ergebnis erhöht der Gesetzgeber mit dieser Anpassung erheblich die Relevanz des Spruchverfahrens. Ob dies angesichts deren langer Dauer und der hohen Auslastung der Gerichte sinnvoll ist, wird sich zeigen müssen.

Bei börsennotierten Gesellschaften geht das ZuFinG davon aus, dass der „wahre“ Wert der Aktie dem volumengewichteten Durchschnittskurs für drei Monate entspricht. Problematisch ist, dass der Börsenpreis dann nicht gelten soll, wenn Verstöße gegen die MAR vorliegen (Fehler bei der Veröffentlichung von Insiderinformationen oder Marktmanipulation). Verstöße durch Dritte kann die Gesellschaft praktisch nicht überblicken. Gerade bei börsennotierten Gesellschaften ist also noch größere Sorgfalt im Vorfeld von Kapitalerhöhungen geboten, um auch künftig Eigenkapital ohne rechtliche Risiken aufnehmen zu können.

Dr. Felix Ganzer und Dr. Philipp Grenzebach sind Partner bei McDermott Will & Emery in Frankfurt a.M. bzw. Düsseldorf.