Um das Grundbuchwesen in unserer deutschen Rechtsordnung beneiden uns viele Staaten. Formvorschriften bei der Errichtung des Kaufvertrags und ein Eigentumsübergang durch Einigung und Eintragung im Grundbuch (§ 873 BGB) in Form einer Entscheidung einer gerichtlichen, der staatlichen Weisung entzogenen Institution in Form des Grundbuchamts bringen Rechtssicherheit und Transparenz über Eigentumsverhältnisse.
Leider wird der Bedeutung dieser wichtigen Aufgabe in der rechtlichen Daseinsvorsorge durch die vorhandene Technik in den meisten Bundesländern nicht mehr adäquat Rechnung getragen. Die zum Einsatz kommende Software SolumSTAR läuft zwar absolut stabil und zuverlässig. Sie ist zum Liebhaben – technologisch und konzeptionell aber völlig überholt. Gewissermaßen der VW Käfer der Justiz. Die simple Frage zum Beispiel, bei wie vielen Grundstücken Herr XYZ als Eigentümer vermerkt ist, lässt sich über die Software mit ihren Papierakten und den „intelligenten Bilddateien“ als Eintragungsgrundlage nur mit komplexen Auswertungen ermitteln.
Bundesweit einheitliche moderne Lösung
SolumSTAR ist nicht die einzige Lösung in der bundesweiten Justizlandschaft, um Grundbücher zu verwalten. Auch hier schlägt der Föderalismus durch. Anders als in anderen gerichtlichen Fachbereichen ist der Druck nach Vereinheitlichung in diesem Bereich aber nicht ausgeprägt. Übergaben von Gericht zu Gericht finden nicht statt, da Immobilien ihrem Namen alle Ehre machen. Und auch Rechtsmittel gegen getroffene oder verweigerte Eintragungen kommen vor – bilden aber nicht die Flut an Anträgen bei der Rechtsmittelinstanz.
Dennoch hat sich bereits vor langer Zeit die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine einheitliche Lösung in allen Bundesländern nur Vorteile bringt. Über die Jahre wurden daher Pflichtenhefte geschrieben – und verworfen. Es wurden Vertragspartner gefunden – und wieder verloren. Und es wurden hitzige dogmatische Debatten geführt, ob die Eintragung einer standardisierten Grundschuld in Abteilung?III des Grundbuchs mittels Textbausteinen erfolgen kann – oder ob dies eine nicht vorzugebende Entscheidung des Rechtspflegers im Sinne des § 9 RPflG darstellt. Auf den Rechner der Grundbuchabteilungen in den deutschen Amtsgerichten findet sich nach 15?Jahren des Wartens im Ergebnis aber immer noch …: Nichts.
Chancen nutzen
Natürlich kann man nun reflexartig die leider häufig zu attestierende Langsamkeit von Softwareentwicklung in der Justiz beklagen. In diesem Fall bietet diese Langsamkeit ausnahmsweise aber mal die Chance, ein Datenbankgrundbuch noch einmal neu und modern zu denken. Zusammen mit einer elektronischen Grundakte sind den Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt.
Mit Tools aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) könnten standardisierte Einträge von Auflassungsvormerkungen in der Abteilung II oder Grundschuldbestellungen in der Abteilung III des Grundbuchs automatisiert dem Rechtspfleger angeboten und zum Eintrag vorbereitet werden. Das Einfügen einer Zahl als Zinssatz und einer Summe in der Grundschuld dürfte man schwerlich als „Wegnahme“ von Entscheidung durch Technik werten. Die Aufteilung von Grundstücken in Wohnungseigentum könnte durch Künstliche Intelligenz unterstützt werden, um redundante Tätigkeiten ressourcensparend auszuführen.
Nicht zuletzt ist die Bedeutung für viele andere Bereiche unserer Rechtsordnung zu beachten. Ein modernes, verzahnbares und innovatives Datenbankgrundbuch wird spürbare beschleunigende Effekte in Nachlassangelegenheiten (Vererbung von Grundeigentum) und im Vollstreckungsrecht erzielen. Niemand wartet gerne. In diesem Fall indes könnte sich das positiv auswirken. Wir dürfen gespannt sein!
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