Ethisch lässt sich begründen, dass die Tötung von Tieren zu Konsumzwecken nicht zu rechtfertigen ist. Dies entspricht der herrschenden Auffassung in der entsprechenden Disziplin. Zur Selbsterhaltung des Menschen ist der Fleischkonsum im 21. Jahrhundert nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in einer Industriegesellschaft nicht mehr erforderlich. Es stellt sich mithin die Frage, welche Bedeutung dieser Befund für das geltende Recht hat, verbietet § 17 Nr. 1 TierSchG doch die Tötung von Tieren ohne vernünftigen Grund unter Strafandrohung.
Im Vergleich mit anderen Rechtfertigungsgründen liegt es im Rahmen des vernünftigen Grundes zunächst nahe, entsprechenden Erwägungen eine große Bedeutung beizumessen, da § 1 TierSchG Ausdruck einer Öffnung des TierSchG zur Tierethik ist. Eine verfassungsrechtliche Garantie, dass sich das Recht ethisch legitimieren lässt, existiert jedoch nicht. Es handelt sich insofern lediglich um einen Optimalzustand. So war etwa das Verbot homosexueller Handlungen zwischen Männern zu keinem Zeitpunkt ethisch zu rechtfertigen, und dennoch galt es dem BVerfG als verfassungsgemäß. Zur Beantwortung der Frage, ob die Tötung eines Tieres zum Zwecke des menschlichen Verzehrs trotz des anderslautenden Votums der Ethik jedenfalls im Grundsatz als vernünftiger Grund anzuerkennen ist, ist in einem demokratisch verfassten Rechtsstaat jedoch zuvorderst auch auf die Vorstellungen des Gesetzgebers und damit konkret die Ziele abzustellen, die er mit Einführung des TierSchG und des Art. 20a GG verfolgte. In dem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass das Leben von Tieren in Deutschland bis 1972 keinerlei Schutz erfahren hat. Diesen gewährte das Recht seinerzeit lediglich mit Blick auf Schmerzen und Leiden. Die Frage nach einem vernünftigen Grund für Tötungen stellte sich mithin nicht. Die schon seit Einführung des GG herausgehobene Bedeutung des Schutzes des Menschenlebens steht in engem Zusammenhang mit der christlichen Ethik, die sich nicht entsprechend auf Tiere übertragen ließ und auch nicht übertragen lässt. Die Aufnahme des tierlichen Lebensschutzes in das TierSchG war insofern ein Novum, dem eine umfangreiche parlamentarische Debatte vorausging, die das generelle Problem der Massentierhaltung und Fleischproduktion nie aus den Augen verlor. Insbesondere dem Tierleid in der Massentierhaltung sollten durch das TierSchG Grenzen gesetzt werden, ohne jedoch ein generelles Verbot der Tiertötung zu statuieren. Erneut war daher trotz Positivierung des Lebensschutzes die Schmerz- und Leidensreduktion das primäre Ziel. Entsprechendes gilt für die Einführung des Art. 20a GG. Ein gesetzgeberischer Wille, Tiertötungen zur Nahrungsmittelproduktion vollständig zu verbieten, lässt sich insofern nicht belegen, und auch die Systematik des TierSchG, das explizite Regeln zum Schlachten enthält, zeigt, dass die Tiertötung zu Ernährungszwecken einfachrechtlich im Grundsatz als zulässig angesehen wird. Dieser Befund dürfte sich unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums insbesondere mit Blick auf die Berufs- und Eigentumsfreiheit sowie das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch nicht als verfassungswidrig erweisen. Hiermit ist freilich nicht gesagt, dass die gegenteilige Position, also ein gesetzliches Verbot der Tiertötung zu Konsumzwecken, verfassungswidrig wäre. Die Folgen wären allerdings weitreichend und die Entscheidung hierüber ist daher dem Gesetzgeber vorzubehalten.
Vollzugsdefizite beim Tierschutz
Da der vernünftige Grund iSd § 17 TierSchG jedoch im Rahmen einer konkreten, ganzheitlichen Abwägung zu bestimmen ist, kann das grundsätzlich anzuerkennende Ernährungsinteresse nicht alle Leiden und Schmerzen der Tiere im Zusammenhang mit der Schlachtung rechtfertigen, was unmittelbar auf die Gestattung der Tötung selbst zurückwirkt. Deshalb ist jedenfalls die Weideschlachtung zur Nahrungsmittelgewinnung auch heute noch von einem vernünftigen Grund getragen. Anderes gilt jedoch zumindest für Auswüchse der Massentierhaltung, die bereits 1972 ein Grund für die entsprechenden Reformen waren. Dass daher jedenfalls keine Verurteilungen nach § 17 Nr. 1 TierSchG im Zusammenhang mit industriellen Massenschlachtungen veröffentlicht sind, lässt sich somit ebenso wie die fehlenden Aburteilungen Anbinde- oder Kastenstandhaltung betreffend nur mit dem bekannten Vollzugsdefizit im Tierschutzrecht erklären.