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Schnelle Mark
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Kreativ neue Einnahmequellen erschließen – grundsätzlich ein guter Gedanke. In unserer neuen Entscheidung der Woche aus der NJW hat es ein Werkstattbesitzer damit etwas übertrieben.

1. Dez 2023

Die Zeiten sind nach wie vor schwierig, alles kostet einen Haufen Geld, und jetzt steht nicht nur Weihnachten, sondern auch der Winter vor der Tür, der uns zum Heizen zwingt. Die Gasspeicher sollen zwar gut gefüllt sein, wie es heißt. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir uns das Gespeicherte auch tatsächlich leisten können. Wohl dem, der einen Zweitverdienst hat oder sich im Rahmen seines Erstverdiensts noch die eine oder andere Mark dazuverdienen kann. Doch vor zu viel Gier sei an dieser Stelle ausdrücklich gewarnt, sonst löst sich der schöne Hinzuverdienst qua Richterspruch in Luft auf (AG Krefeld, Urt. v. 15.6.​2023 – 10 C 48/23).

In dem Fall ging es um einen Verkehrsunfall, bei dem fast nichts streitig war. Hinsichtlich des Unfallhergangs waren sich die Beteiligten einig, die Schuldfrage war auch geklärt, und selbst an der Reparaturrechnung der Werkstatt hatte die Versicherung des Unfallverursachers nichts auszusetzen. Trotzdem landete der Fall bei der Justiz. Wie konnte das sein? Nun, der Inhaber der Reparaturwerkstatt, die das beschädigte Fahrzeug, einen Sattelauflieger, fachmännisch instandgesetzt hat, witterte die günstige Gelegenheit, en passant eine schnelle Mark auf Kosten der Versicherung zu machen. Und so wurde der Havarist vor der Reparatur erst einmal vom Werkstattinhaber persönlich penibel sachverständig untersucht, was mit 617,20 Euro zu Buche schlug. Bei diesem Schadensposten winkte allerdings die gegnerische Versicherung, die sich ansonsten recht generös gezeigt hatte, ab, weil der Gutachtenersteller als Inhaber der beauftragten Reparaturwerkstatt nicht so ganz neutral gewesen sei. Ein gerütteltes Maß an Neutralität sei aber für die Brauchbarkeit eines Sachverständigengutachtens essenziell. Eigentlich logisch, möchte man meinen; trotzdem musste sich das AG Krefeld mit dieser Angelegenheit befassen und schlug sich auf die Seite der Versicherung. Begründung: Solche Schadensgutachten verfolgten einen Zweck, der allen voran in der Kontrolle der von der Reparaturwerkstatt abgerechneten Kosten bestehe, damit die nicht ins Kraut schießen. Und mit dieser Kontrolle werde es schwierig, wenn sie derjenige vornehme, der anschließend für die Reparatur verantwortlich zeichnet. Deshalb war das Gutachten im konkreten Fall eher ein Schlechtachten, mit der Folge, dass die Versicherung für diesen Kostenposten nicht aufkommen musste (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2023, 28560). 

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.