Für viele ist es zwar nur ein Trostpreis: Der Zugang zu den traditionellen Berufen in Anwaltschaft und Justiz bleibt den Inhabern dieses Titels verwehrt. Auch etliche Behörden, Unternehmen und Verbände werden wohl weiter auf den klassischen „Volljuristen“ Wert legen. Doch längst nicht jeder will Rechtsanwalt, Richter oder Staatsanwalt werden. Und mit dem Bakkalaureus, wie der niedrigste akademische Grad auch genannt wird, haben Durchfaller künftig wenigstens ein seriöses Etikett vorzuweisen – abgesehen von der etwas geringeren Panik vor den Staatsprüfern im Examen. In anderen Fachrichtungen ist er das Sprungbrett für einen späteren Master-Titel (nicht zu verwechseln mit dem englischen „bachelor“, der bekanntlich einen Junggesellen meint). Der LL.B.-Inhaber mag gleichfalls einen Spurwechsel auf solch einen „konsekutiven“ Studiengang vollziehen; er kann aber auch der Juristerei treu bleiben und einen LL.M. für Rechtskundige anschließen. Oder sich gleich in der freien Wirtschaft – selbst in manchen Anwaltskanzleien – mit paragrafen-nahen Tätigkeiten austoben, wo die Absolventen alternativer Abschlüsse ohnehin längst aufholen.
Bachelor bald auch an Rhein und Ruhr
Bundesweit fällt fast jeder vierte Kandidat durch die staatliche Pflichtfachprüfung, so die jüngste Statistik des Bundesamts für Justiz für 2021, und das nach durchschnittlich elf Semestern. Manche staatlichen und privaten Universitäten bieten den LL.B. ohnehin längst an. Das Landeskabinett in Düsseldorf hat jetzt ebenfalls einen Gesetzentwurf zur Einführung eines integrierten Bachelors gebilligt. Jede Studentin und jeder Student der Rechtswissenschaften erwirbt demnach in dem bevölkerungsreichsten Bundesland den Abschluss, wenn der universitäre Teil des ersten Examens bestanden ist und alle Voraussetzungen für die Anmeldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung erfüllt sind.
Nordrhein-Westfalen wäre das erste Bundesland, in dem ein integrierter Bachelorgrad auf Antrag von Jura-Studierenden bereits durch Gesetz verliehen wird, wie die dortige Regierung hervorhebt – die Hochschulen müssten also nicht erst einen separaten Bachelor-Studiengang einrichten. Justizminister Benjamin Limbach sieht darin auch Vorteile für das Gemeinwesen. „Das macht den rechtswissenschaftlichen Studiengang für eine Vielzahl potenzieller Studienanfängerinnen und Studienfänger attraktiver und kann damit einen Beitrag zur Abfederung des Fachkräftemangels leisten“, ließ der Grünen-Politiker verlautbaren.
Seine Kollegin im Wissenschaftsministerium, Ina Brandes (CDU), stößt ins selbe Horn: „Mit dem integrierten Bachelor werden wir gut ausgebildete junge Menschen für den Arbeitsmarkt gewinnen. Mussten sie bislang die Universität trotz sämtlicher bestandener Prüfungen ohne Abschluss verlassen, können sie sich jetzt mit einem Master-Studiengang weiter qualifizieren oder direkt ins Berufsleben einsteigen.“ Sogar eine rückwirkende Verleihung werde angestrebt, hatte die Landesregierung zuvor dem Parlament mitgeteilt.
In Sachsen Gesetz verabschiedet
Der Landtag in Dresden hat Mitte Dezember 2023 sogar schon die nötige Gesetzesgrundlage geschaffen. Anträge können ab 1.1.2025 an die Universität Leipzig geschickt werden – die einzige Hochschule in dem Freistaat, die noch ein juristisches Staatsexamen anbietet. Bis dahin will Katja Meier (Grüne), Ministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung, eine Rechtsverordnung mit den Details erlassen. Damit komme man einer langjährigen Forderung der Studierenden nach, erklärte sie. Für Meier ist das auch ein Faktor im föderalen Wettbewerb: „Ich bin mir sicher, dass wir dadurch Sachsen als Standort der juristischen Ausbildung und als Wirtschaftsstandort deutlich attraktiver machen.“ Studiendekan Justus Meyer zeigt sich zurückhaltend aufgeschlossen: „Ich hoffe natürlich, dass die große Mehrzahl unserer Studierenden die Staatsexamina ablegt, schon wegen der großartigen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.“ Aber auch dann sei der Bachelor ein wichtiger Etappensieg, der einigen psychischen Druck aus der Examensvorbereitung und den Prüfungen nimmt.