Urteilsanalyse
Mit roten Kennzeichen darf der Nutzer nicht zum Essen fahren
Urteilsanalyse
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Ein Betroffener, der ein Fahrzeug mit rotem Kennzeichen zu anderen als in § 16 FZV genannten Zwecken auf öffentlichem Straßenland steuert, führt ein Fahrzeug ohne Zulassung nach § 3 Abs. 1 FZV. An die Prüfung und die Anerkennung der Notwendigkeit eines anderen als des in § 16 FZV genannten Zweckes sind laut KG hohe Maßstäbe anzulegen, die das (spontane) Verlangen nach Essen ohne weitere Feststellungen jedenfalls nicht erfüllt.

4. Jan 2021

Anmerkung von
Senator E. h. Ottheinz Kääb, LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, München

Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 25/2020 vom 17.12.2020

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FZV §§ 3 I16 I 1, 2

Sachverhalt

Der Betroffene war mit einem Fahrzeug mit roten Kennzeichen im Rahmen einer Probefahrt unterwegs. Er unterbrach die Fahrt für ein Essen und wurde aus diesem Sachverhalt vom Amtsgericht wegen eines Zulassungs-Verstoßes in Tateinheit mit Parken im absoluten Halteverbot zu einer Geldbuße von 200 EUR verurteilt. Gegen dieses Urteil legte er Rechtsmittel ein und stellte den Antrag, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen. Er trug zur Begründung im Wesentlichen vor, dass er zum Essen die Probefahrt lediglich unterbrochen habe. Der Charakter der Fahrt sei durch diese Unterbrechung nicht in Frage gestellt. 

Rechtliche Wertung 

Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, dann aber als unbegründet verworfen. Die Rechtsfrage, ob die Unterbrechung einer innerörtlichen Probefahrt die Privilegierung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 FZV entfallen lasse, sei entscheidungserheblich. Das Amtsgericht habe die Einlassung des Betroffenen, er habe die Probefahrt zur Aufnahme von Essen unterbrochen, für unwiderlegbar gehalten, allerdings eine zweckfremde Unterbrechung angenommen. Dem schließt sich das KG an.

Eine Probefahrt könne nur dann bejaht werden, wenn es das Ziel sei, Leistungs- und Gebrauchsfähigkeit eines Fahrzeugs zu prüfen. Alles andere weiche von dieser Zweckbestimmung ab. Die zulässigen Fahrzwecke zur Verwendung des roten Kennzeichens seien eng auszulegen. Es werde in der Norm klargestellt, dass notwendige Fahrten zum Tanken und zur Außenreinigung noch mit rotem Kennzeichen durchgeführt werden könnten. Alles andere aber müsse unterbleiben. Unter Anwendung dieses strengen Maßstabs sei das Fahren zum Essen sei nichts, was von der Norm noch umfasst sei.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist für die Praxis wichtig. Mit den roten Kennzeichen wird die Zulassung des Fahrzeugs umgangen. Es stehen im Übrigen nicht nur Fragen einer Ordnungswidrigkeit im Raum, sondern versicherungsrechtliche Fragen können hiervon auch mit umfasst werden.

KG, Beschluss vom 17.09.2020 - 3 Ws (B) 189/20 – 162 Ss 73/20 (AG Berlin-Tiergarten), BeckRS 2020, 33622