Urteilsanalyse
Mieter muss Pläne zu Untervermietung konkret darlegen
Urteilsanalyse
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Eine mehrmonatige „Workation“ kann ein berechtigtes Interesse eines Wohnungsmieters an der vorübergehenden anteiligen Untervermietung der Wohnung i.S.d. § 553 Abs. 1 BGB begründen. Der Mieter darf sich aber nach Ansicht des LG Berlin nicht darauf beschränken, sein Interesse an der Untervermietung bloß abstrakt zu formulieren.

3. Aug 2023

Anmerkung von
Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff, Rechtsanwältin Franziska Bordt, Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 15/2023 vom 03.08.2023

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Sachverhalt

Der Parteien des Rechtsstreits sind durch ein Wohnraummietverhältnis miteinander verbunden. Der klagende Mieter begehrt von der beklagten Vermieterin Schadenersatz für den Ausgleich entgangener Untervermietungserträge. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der teilweisen Untervermietung der Wohnung sei nicht von (zwingenden) beruflichen Gründen abhängig und ein solches im Ergebnis daher zu verneinen. Der Kläger könne die Homeoffice-Tätigkeit auch in Berlin verrichten, er habe sich also hauptsächlich zu Urlaubszwecken im Ausland aufhalten wollen. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Entscheidung

Die zulässige Berufung des Klägers habe keine Aussicht auf Erfolg.

Als berechtigt sei „jedes, auch höchstpersönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehe“. Darunter könne durchaus das Interesse eines Wohnungsmieters an einer anteiligen Entlastung von den Mietkosten während einer längeren Urlaubsreise fallen. Auch eine mehrmonatige „Workation“, also beispielsweise ein längerer Auslandsaufenthalt eines selbständigen Programmierers, den er freiwillig und ohne (zwingende) berufliche Veranlassung unternehme, werde in aller Regel mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehen und könne also ein berechtigtes Interesse an einer anteiligen Untervermietung einer Wohnung begründen.

Die Beklagte stehe aber gleichwohl zu Recht auf dem Standpunkt, dass sie auf die Anfrage des Klägers vom 22.11.2021 gemäß § 553 BGB eine Untervermietungserlaubnis nicht erteilen musste. Nachdem der Kläger knapp ein Jahr zuvor mit Schreiben vom 26.11.2020 mit der im Wesentlichen identischen Begründung einer mehrmonatigen Abwesenheit aus Berlin eine unbefristete Erlaubnis für die teilweise Untervermietung der Wohnung verlangt habe und gleichzeitig hinter dem Rücken der Beklagten die ganze Wohnung für mehr als das Doppelte der Vertragsmiete sowie für bis zu zwölf Monate zur Vermietung angeboten hatte, rüge die Beklagte die Angaben des Klägers im Schreiben vom 22.11.2021 zu Recht als pauschal und nichtssagend. Das gelte umso mehr, als der Kläger selbst nach der ablehnenden Antwort der Beklagten vom 01.12.2020 mit Schreiben vom 11.12.2020 an seiner augenscheinlich wahrheitswidrigen Darstellung festhielt, bloß einen Teil der Wohnung vermieten zu wollen und sogar in der Berufungsbegründung noch verharmlosend davon spreche, er habe einmalig eine Annonce geschaltet, die „der Beklagten missfiel“. Anders als weiteren zwischenzeitlichen Zustimmungsersuchen sei dem Schreiben vom 22.11.2021 zwar eine konkrete Befristung der beabsichtigten Untervermietung zu entnehmen ebenso wie die Angabe, welcher Teil der Wohnung – nämlich das Schlafzimmer – nunmehr von der Untervermietung ausgenommen werden solle. Hinreichend konkrete Angaben, wo genau der Kläger sich außerhalb Berlins aufhalten werde und wann oder unter welchen Umständen er plane zurückzukommen, lege der Kläger aber weiterhin nicht offen; auch eine mögliche Verlängerung der beabsichtigten Untervermietung stünde damit von vorne herein im Raum. Zu Recht mache die Beklagte geltend, dass die bloß abstrakte Umschreibung eines berechtigten Interesses – „wirtschaftliche Gründe (doppelte Haushaltsführung)“ wegen „Abwesenheit vom Wohnort“ – nicht ausreiche, sondern der Kläger sein berechtigtes Interesse konkretisieren und substantiiert hätte darlegen müssen. Das hätte der Kläger auch erkennen müssen, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 09.03.2021 unter Hinweis auf sein vorangegangenes Unternehmen der vollständigen Vermietung der Wohnung jegliche Anträge auf Untervermietung zurückgewiesen hatte, jedenfalls solange der Kläger keine Nachweise vorlege. Soweit der Kläger dem vortrage, er müsse die konkreten Hintergründe für seine Ortsabwesenheit nicht darlegen, treffe das nicht zu. Er könne eine Untervermietungserlaubnis nur verlangen, wenn er dafür ein berechtigtes Interesse dartue, und zwar durch Offenlegung seiner konkreten Pläne; ein Geheimhaltungsbedürfnis des Klägers sei insoweit auch nicht ersichtlich.

Die Klage bleibe schließlich auch deswegen ohne Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger ungeachtet des zulässigen Bestreitens der Beklagten selbst im Rahmen des Rechtsstreits keine hinreichend konkreten Angaben dazu gemacht habe, wo außerhalb Berlins er sich in welchem Zeitraum ab Dezember 2021 aufgehalten haben wolle; es fehle überdies an einem Beweisantritt für die behauptet aber von der Beklagten bestrittene Auslandsreise.

Praxishinweis

Als berechtigt im Sinne von § 553 BGB ist jedes, auch höchstpersönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (BGH, Beschluss vom 03.10.1984 - VIII ARZ 2/84, NJW 1985, 130; BGH, Urteil vom 23.11.2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200; BGH, Urteil vom 31.01.2018 – VIII ZR 105/17, NJW 2018, 2397). Als berechtigte Interessen gilt beispielsweise der Wunsch zur Kostenentlastung bei doppelter Haushaltsführung eines Pendlers (BGH, Urteil vom 23.11.2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200), bei einem mehrjährigen (berufsbedingten) Auslandsaufenthalt (BGH, Urteil vom 11.06.2014 – VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717, besprochen Bub/Bernhard in FD-MietR 2014, 360110) sowie zur Aufnahme eines Dritten zur Bildung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BGH, Urteil vom 05.11.2003 - VIII ZR 371/02, NJW 2004, 56).

Mit Überzeugenden Argumenten fordert das LG Berlin die Darlegung konkreter Pläne und somit eine nähere Begründung des berechtigten Interesses gemäß § 553 Abs. 1 BGB. Eine abstrakte Formulierung sowie die bloße Äußerung des Wunsches auf Überlassung sind nicht ausreichend (aA Weber, in: BeckOK MietR, 32. Ed. 1.8.2022, § 553 BGB, Rn. 19). Nur wenn der Mieter die tatsächlichen Grundlagen seines Wunsches und seiner Motivation darlegt, ist es dem Vermieter möglich zu prüfen, ob die konkreten Umstände ein berechtigtes Interesse begründen und ob sie erst nach dem Abschluss des Mietvertrages entstanden sind (so auch Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, 7. Aufl. 2023, § 553 BGB, Rn. 21, 22).

LG Berlin, Beschluss vom 22.06.2023 - 64 S 280/22 (AG Berlin-Charlottenburg), BeckRS 2023, 16919