Urteilsanalyse
Mehrfachberechnung des Zuschlags nach Nr. 5377 für computergesteuerte Analyse nach CT
Urteilsanalyse
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Der Zuschlag für computergesteuerte Analyse nach Nummer 5377 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist neben dem Höchstwert der Nummer 5369 GOÄ für Leistungen nach den Nummern 5370 bis 5374 GOÄ mehrfach berechnungsfähig, wenn jeweils eigenständige Analysen zu mehreren eigenständig berechenbare computertomographischen Grundleistungen erfolgen. Der Zuschlag kann nach Ansicht des BGH allerdings nur einmal angesetzt werden, wenn mehrere computergestützte Analysen zur gleichen Grundleistung durchgeführt werden.

9. Dez 2022

Anmerkung von 
Rechtsanwalt Dr. Ronny Hildebrandt, BUSSE & MIESSEN Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin
 
Aus beck-fachdienst Medizinrecht 12/2022 vom 02.12.2022

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Sachverhalt

Der ursprüngliche, während des Rechtsstreits verstorbene Kläger, ließ an einer Klinik eine kontrastmittelgestützte computertomographische Untersuchung (CT) des Thorax und des Beckens vornehmen, wobei jeweils auch eine computergesteuerte Analyse erfolgte

Die Klinik stellte für die erbrachten Leistungen 731,56 EUR in Rechnung, wobei unter anderem neben dem Höchstwert gemäß Nr. 5369 GOÄ für Leistungen nach den Nr. 5371 (Thorax) und 5372 GOÄ (Becken) die Gebühr Nr. 5377 GOÄ (Zuschlag für computergesteuerte Analyse) in Höhe von 46,63 EUR zweifach angesetzt wurde.

Die beklagte private Krankenversicherung des ursprünglichen Klägers verweigerte die Erstattung des doppelten Ansatzes der Nr. 5377 GOÄ und zahlte nur den um 46,63 EUR gekürzten Rechnungsbetrag.

Die Klage auf Zahlung des ausstehenden Betrages hatte vor dem Amtsgericht Erfolg. Das Landgericht wies die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurück und ließ die Revision zu.

Entscheidung

Die zulässige Revision der Beklagten hatte in der Sache keinen Erfolg.

Die Vorinstanzen seien zutreffend davon ausgegangen, dass der Zuschlag nach Nr. 5377 GOÄ für jeweils eigenständige Analysen mehrfach berechnungsfähig sei, auch wenn für mehrere selbständig berechenbare Grundleistungen nach den Nr. 5370 bis 5374 GOÄ ein Höchstwert nach Nr. 5369 GOÄ angesetzt werde. Der zweimalige Ansatz der Nr. 5377 GOÄ in der Rechnung der Klinik sei daher nicht zu beanstanden.

Soweit jeweils eigenständig erbrachte und berechenbare CT-Grundleistungen (Nr. 5370 bis 5374 GOÄ) – wie hier – vorlägen, komme der Senat nach Auslegung des Verordnungstextes in den Abschnitten O.I.7 (Computertomographie) und O.III (Magnetresonanztomographie) unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Systematik, der Entstehungsgeschichte und des Sinn und Zwecks der aufgeführten Leistungstatbestände und Abrechnungsbestimmungen zu dem Ergebnis, dass der Zuschlag neben der Höchstwertregelung mehrfach berechnungsfähig sei.

Zwar sei in den Allgemeinen Bestimmungen geregelt, dass die Leistungen nach den Nr. 5369 bis 5375 GOÄ je Sitzung jeweils nur einmal berechnungsfähig seien. Der Zuschlag für die computergestützte Analyse nach Nr. 5377 GOÄ werde dort allerdings nicht ausdrücklich erwähnt. Somit sei der Zuschlag nicht vom Ausschluss der Mehrfachberechnung berührt. Mehrfachberechnungen seien nur bei mehreren Analysen derselben computertomographischen Leistung nicht zulässig.

Dieses Auslegungsergebnis werde durch die Systematik der im Abschnitt O.I.7 enthaltenen Leistungstatbestände und Abrechnungsbestimmungen unterstützt. Danach sei eine Nebeneinanderabrechnung der Nr. 5370 bis 5374 GOÄ grundsätzlich möglich. Zusätzlich dürfe der Höchstwert nach Nr. 5369 GOÄ nicht überschritten werden. Würden mehrere Grundleistungen nach den Nr. 5370 bis 5374 GOÄ erbracht werden, sei es aber nur folgerichtig, die Zuschlagsziffer für die computergesteuerte Analyse ebenfalls mehrfach anzusetzen, zumal bei mehreren Analysen mehrerer Organregionen ein zusätzlicher Befundungsaufwand für den Arzt entstehe.

Dem könne auch nicht die ausdrückliche Abrechnungsbeschränkung des Zuschlages für computergesteuerte Analysen bei MRT-Untersuchungen entgegengehalten werden, da nicht von einem Redaktionsversehen des Verordnungsgebers, sondern von einer bewusst getroffenen Unterscheidung zwischen CT-Zuschlag und MRT-Zuschlag auszugehen sei, zumal die CT-Leistungen insgesamt deutlich niedriger bewertet seien als die MRT-Leistungen.

Mangels planwidriger Regelungslücke scheide auch eine analoge Anwendung der in den Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts O.I.7. aufgeführten Regelung, wonach die Leistungen nach den Nr. 5369 bis 5375 GOÄ je Sitzung jeweils nur einmal berechnungsfähig seien, auf den Zuschlag nach Nr. 5377 GOÄ aus.

Praxishinweis

Das Urteil ist überzeugend begründet. Die Diskussion um den Mehrfachansatz des Zuschlages nach Nr. 5377 GOÄ bei Erbringung mehrerer Grundleistungen dürfte damit beendet sein. Nichtsdestotrotz offenbart aber auch dieser Rechtsstreit, dass es an der Zeit ist, die in die Jahre gekommene GOÄ zu modernisieren. Die in den letzten Jahren und Jahrzehnten vorgenommenen Anpassungen an den medizinischen Fortschritt blieben häufig Stückwerk und nicht frei von Widersprüchen.

BGH, Urteil vom 22.09.2022 - III ZR 241/21 (LG Göttingen), BeckRS 2022, 29547