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Wird man am Steuer mit dem Handy erwischt, sollte man vielleicht gegenüber der Polizei höflich bleiben. Spätestens wenn man wegen der Sache vor Gericht steht, sind Wutausbrüche nicht zielführend. Dies musste ein Autofahrer in unserer neuen Entscheidung der Woche aus der NJW erst noch lernen. 

10. Nov 2023

Wer bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit erwischt wird, der sollte zusehen, dass er sich und seine Nerven im Griff hat. Und zwar auch dann, wenn der Polizeibeamte, der einen beispielsweise wegen eines harmlosen Handyverstoßes zur Rede stellt, zu selbiger ähnlich salbungsvoll ansetzt wie unsere Staatsoberhäupter bei ihrer alljähr­lichen Weihnachts- und Silvesteransprache: „Sie wissen doch sicherlich, dass ein Handy am Steuer nichts zu suchen hat, oder?“, heißt es dann gern. Klar weiß man das. Aber weiß der Gegenüber auch, dass der Tweet, mit dem man seine Fan-Base vulgo Follower darüber informiert, dass es in Frankfurt gerade regnet, man selbst im Stau steht und sich ebenda die Zeit mit ein bisschen Handy-Daddelei vertreibt, ebenso wenig Aufschub duldet wie der ultimative Schnäppchen- bzw. Schläppchenkauf bei Ebay? Trotzdem sollte man der Staatsmacht in Gestalt unserer Ordnungshüter mit dem gebotenen Respekt begegnen, auch wenn die in solchen Situationen vielfach meinen, den Oberlehrer geben zu müssen. Lassen Sie Ihr Gegenüber reden, vielleicht gelingt es Ihnen, es anzulächeln, und denken Sie derweil an was Schönes, etwa an die nächste Gehaltserhöhung, an die Neujahrs­ansprache unseres Kanzlers oder an Ihren Nachbarn, der gerade mit der Schwiegermutter urlaubt. Dann ertragen Sie auch ein verkehrserzieherisches „Sie wissen doch bestimmt, dass die Hände während der Fahrt ans Steuer und nicht ans Handy gehören“ – und sparen ­dabei gleich doppelt, nämlich Ärger und bares Geld (AG Ellwangen, Urt. v. 14.4.​2023 – 7 OWi 36 Js 5096/23).

Der Betroffene in dem Fall, Betreiber eines Abschleppunternehmens, wurde am 30.8.​2022 bei einem Handy-Telefonat am Steuer erwischt. Als die Polizeibeamten ihm diesen Vorwurf eröffneten, zeigte er sich nicht nur uneinsichtig wie ein Dreijähriger in ­einer ­ausgeprägten Trotzphase, sondern auch überaus aggressiv. Nie, nie wieder werde er für die Polizei was abschleppen, wenn sie ihn ­wegen einer solchen Lappalie vor den Kadi zerren würde, ließ er die Beamten wissen. Es folgte die obligatorische Frage in solchen Fällen, ob sie nichts Besseres zu tun hätten, als rechtschaffene Bürger von der Arbeit abzuhalten, die er mit einem saftigen Schlag mit der flachen Hand auf die Motorhaube des Polizeifahrzeugs unterstrich. Die Beamten ließen sich davon herzlich wenig beeindrucken, sie hörten diese Sprüche ja nicht zum ersten Mal, und ein paar Monate später sah man sich vorm AG Ellwangen wieder. Das hatte, ­wenig über­raschend, ebenfalls kein Verständnis für das – O-Ton: „selten respekt­lose“ – Verhalten des Betroffenen und ließ ihn das bei der Bemessung der Geldbuße deutlich spüren. 100 Euro hätte der Handy­verstoß gekostet, wenn unser Heißsporn ein bisschen mehr Einsicht und Contenance an den Tag gelegt hätte. Weil ihm das aber selbst in der Hauptverhandlung nicht gelungen war und er auch dort seinem Jähzorn freien Lauf ließ sowie bei jeder sich bietenden Gelegenheit laut wurde, wie uns das AG in den Entscheidungsgründen wissen lässt, hat es die Geldbuße gleich mal verdoppelt. Ob das nun die erwünschte erzieherische Wirkung entfaltet und dem Betroffenen bei künftigen Verkehrskontrollen zu mehr Gelassenheit verhilft – man weiß es nicht (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2023, 9342). 

Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW..