Sollte man meinen. Denn die Unbedarften sterben nicht aus. Diesen Eindruck muss gewinnen, wer sich die etwa 50-köpfige Unterstützerszene ansieht, die sich zum Auftakt des Prozesses gegen Daniela Klette vor dem Gerichtsgebäude in Celle zur Mahnwache versammelte. „Revolutionäre Geschichte verteidigen: Freiheit für Daniela und alle politischen Gefangenen! Mut und Kraft in den Untergrund!“, war auf ihrem Transparent zu lesen. Die Tatvorwürfe klingen weitaus schnöder: Der Angeklagten werden versuchter Mord, unerlaubter Waffenbesitz sowie versuchter und vollendeter schwerer Raub zur Last gelegt. Demnach sollen 13 Überfälle auf Geldtransporter und Supermärkte mit einer Gesamtbeute von 2,7 Mio. EUR auf das Konto des Räubertrios gehen, mutmaßlich bestehend aus Klette sowie ihren bisher nicht auffindbaren Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg.
Medienberichte beschreiben den Auftritt der Angeklagten vor Gericht als gelassen und gut gelaunt. Mutmaßlich hat sie allen Grund dazu, denn die jetzt 66-Jährige dürfte aufgrund der Höhe der Beute auf viele recht angenehme Lebensjahre zurückblicken, die sie unter falscher Identität in Berlin-Kreuzberg verbrachte. Hierfür spricht auch das Auffinden eines Bargeldbetrags in nahezu kapitalistischer Höhe in ihrer Wohnung. Höchste Zeit also, das ihr geneigte, weniger begüterte Proletariat vom schnöden Mammon abzulenken und sich zum vorverurteilten Opfer eines politischen Prozesses zu stilisieren. Die Möglichkeit dazu bietet ihr eine weitere wahrscheinlich bevorstehende Anklage wegen mutmaßlicher Beteiligung an drei Anschlägen der Roten Armee Fraktion in den Neunziger Jahren. Denn die alte, dekadente Romantik von Raub, Totschlag und Mord der RAF greift noch immer. So solidarisierte sich bereits nach ihrer Verhaftung ein Redakteur der linken Tageszeitung „Junge Welt“ ganz offen auf dem Netzwerk X mit ihr und wünschte ihr „viel Kraft“, denn „Widerstand heißt Angriff“. Er war nicht der einzige.
Die Unterstützer der RAF im Jahr 2025 träumen wohl noch immer von Robin Hood. Dass der kein sozialistischer Umverteiler war, sondern gegen überhöhte Steuerforderungen vorging und das Geld an die Ausgeplünderten zurückerstattete, macht ihn eher zum Libertären, aber das nur am Rande. Wer aber zum eigenen Vorteil auf Raubzug geht, kann sich auf politische Motive nicht berufen. Sollte Daniela Klette auch nur für die Hälfte der angeklagten Taten verurteilt werden, dann wird es höchste Zeit, die Transparente endgültig einzurollen. •