Die Abgeordneten erhielten ihn am 15.3. Er ging tags darauf in die Ausschüsse; Beschlussfassung im Plenum war am 18.3. Ob die Eile, mit der hier tiefgreifende, in Politik und Medien mit dem Attribut „historisch“ bedachte Verfassungsänderungen durchgeschleust wurden, zu Lasten gesetzgeberischer Sorgfalt ging, sei dahingestellt. Jedenfalls ging sie zu Lasten der Informations- und Mitberatungsrechte vor allem oppositioneller Abgeordneter. Mochte dies noch in der Verfahrensautonomie des Bundestags liegen, stößt es doch an deren Grenzen und stellt die Legitimität des Verfahrens infrage.
Dies trifft in besonderem Maße auf die erst während des Gesetzgebungsverfahrens erfolgte Aufnahme der Klimaneutralität in den Gesetzestext zu. Bezeichnend sind die angestrengten Bemühungen vor allem aus der künftigen Kanzlerpartei und deren medialem Umfeld, die Bedeutung der Verfassungsänderung interpretatorisch herunterzuspielen. Es gehe allein um eine Ausgabenermächtigung, die Vorschrift sei rein finanzverfassungsrechtlicher Natur, keinesfalls werde hier ein Staatsziel formuliert. Verfassungssystematisch erscheint dies plausibel, ebenso wie der Hinweis, das BVerfG habe bereits in seinem – gleichermaßen historischen, wahlweise epochalen – Klimabeschluss (NJW 2021, 1723) Klimaschutz als Staatsziel benannt: Art. 20a GG zielt hiernach „auch auf Klimaneutralität“. Doch ist Art. 143h GG in der Formulierung „Herstellung bis 2045“ deutlich stringenter; auch ist es nicht das Gleiche, ob Klimaneutralität in den Gründen einer methodisch fragilen Entscheidung oder aber explizit im Verfassungstext steht. Und mag dies auch nicht die Absicht der Initiantinnen gewesen sein (oder doch?): Die Gesetzesbegründung ist nichtssagend – so wird die explizite Erwähnung der Klimaneutralität „bis 2045“ doch unabweisbar Eingang in komplexe Abwägungsprozesse beanspruchen, sei es zur Rechtfertigung staatlicher Freiheitseingriffe, sei es durch klagefreudige Umweltverbände, die eben solche Eingriffe fordern. Konkrete Handlungsanweisungen an die Politik im Grundgesetz gefährden zudem, sollten sie sich, hier nicht fernliegend, als nicht oder nicht sinnvoll realisierbar erweisen, das Staats- und Verfassungsvertrauen. Die Versuche, „Klimaneutralität bis 2045“ in Art. 143h GG zu relativieren, sind irreführend. Wie heißt es doch: „You can fool all the people some of the time, and some of the people all the time, but you cannot fool all the people all the time.“
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