Kolumne
AI-Act für die Anwaltschaft?
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© Markus Hartung/Frank Eidel

Das Rechtsdienstleistungsgesetz bezweckt unter anderem den Schutz von Rechtsuchenden. Gemeint sind ratlose Bürger, die vor Rechtsnachteilen bewahrt werden sollen, die durch fehlerhafte Rechtsdienstleistungen entstehen können.

30. Sep 2024

 Daher dürfen sie sich außergerichtlich nur von Rechtsanwälten oder zugelassenen Rechtsdienstleistern beraten lassen. Auch Rechtskundige, sogar Rechtsanwälte, können Rechtsuchende sein, irgendwie klar, wie soll man das auch trennen, und bei Anwälten weiß man ja, was dabei rauskommt, wenn sie in eigenen Sachen tätig werden, Narr und so, Sie wissen schon.

Anders ist es, wenn Anwälte in Ausübung ihres Berufs auf juristische Unterstützung angewiesen sind. Sie sind dann keine Rechtsuchenden, auch wenn sie von einem bestimmten Rechtsgebiet zunächst mal keinen Schimmer haben und sich einarbeiten müssen. Wenn man Mitarbeiter hat, die einen bei der Recherche und der Entwurfsarbeit unterstützen, ist das von Vorteil. Manche Anwälte greifen auf externe Dienstleister zurück, was unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich unproblematisch ist. Woran aber noch nie jemand gezweifelt hat, ist die letztendliche Verantwortung des Anwalts für das, was er unterschreibt. Juristische Vorarbeiten in einem Bereich, in dem man nicht firm ist, darf man nicht ohne Überprüfung weitergeben. Der Anwalt ist kein Händler von Informationen, deren inhaltliche Richtigkeit er weder prüfen noch verantworten kann. Verstößt er dagegen, verletzt er den Mandatsvertrag, geht Haftungsrisiken ein und begeht überdies einen Berufsrechtsverstoß. Freiberufler ist er dann auch nicht mehr, denn das setzt bei der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte voraus, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

Das ist alles nicht neu. Die Grundsätze gelten aber nicht nur bei der Unterstützung durch Mitarbeiter, sondern auch beim Softwareeinsatz. Man darf Ergebnissen juristischer Datenbanken vertrauen und muss nicht nochmal in die Bibliothek, das schon. Aber wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und insbesondere von Sprachmodellen (vulgo ChatGPT) geht, wird es komplex. KI kann das Arbeitsleben sehr vereinfachen und den anwaltlichen Wirkungsgrad erhöhen. Die elektronische Analyse, Strukturierung und Sortierung von Daten, etwa von Tausenden von Verträgen, geht in kürzester Zeit, das schaffen Menschen nie. Aber sind die Ergebnisse vollständig und richtig? In Rechtsgebieten, die man nur vom Hörensagen kennt, bekommt man ohne Weiteres elegant formulierte Memos aus dem Computer, aber: Was ist Halluzination, was nicht, und was ist einfach nur falsch? Wenn man das nicht beurteilen kann, aber gleichwohl als Arbeitsprodukt verkauft, bekommt man früher oder später ein Problem. Denn alles kommt raus.

Bisher ist das anwaltliche Berufsrecht technikfest. Einen KI-Act für die Anwaltschaft braucht es nicht. Eine Handreichung für die Anwaltschaft wäre aber eine gute Sache.

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Markus Hartung ist Rechtsanwalt und Mediator in Berlin, Senior Fellow des Bucerius Center on the Legal Profession und Mitglied des Berufsrechtsausschusses des DAV.