Kolumne
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Buchtitel sind ein entscheidender Einflussfaktor für den Erfolg eines Werks. Verlage und Autoren ringen daher intensiv darum. Das kann Monate dauern. Manchmal ist ein Titel auch eingebungsgleich plötzlich da. Idealerweise ist er einzigartig, einfach und emotional. 

30. Apr 2024

Bei Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ ist nicht nur der monumentale Roman ein Klassiker der Weltliteratur geworden, sondern auch der wunderbar treffende und eingängige Titel, der in anderen Sprachen genauso gut klingt wie im Deutschen: A la Recherche du temps perdu, In Search of Lost Time.

n der juristischen Fachliteratur liegt die Sache anders, was die Titelsuche für Autoren und Verlage vergleichsweise einfach macht. In unserer Hauptgattung, dem Kommentar, ist das Gesetz der Titel. Oder ein Rechtsgebiet, zu dem verschiedene Gesetze kommentiert werden. Die Auflage hängt dann weniger vom Titel als von der Gesetzesrelevanz ab. Logischerweise ist das Bürgerliche Gesetzbuch der Topseller. Bei manchen Kommentaren werden Herausgeber oder Autoren zu Buchmarken, was aber auch seine Schattenseiten haben kann. Bei anderen Gattungen machen wir es uns ebenfalls leicht: Bücher, die sich vor allem an die Anwaltschaft richten, nennen wir einfach Anwaltshandbücher, solche, die Formulare enthalten, Formularbücher.

Bei Monographien ist mehr Kreativität möglich. Nicht jeder macht davon Gebrauch. Irgendeine „Betrachtung de lege lata und de lege ferenda“ ist bei Doktorarbeiten zwar weit verbreitet, aber langweilig. Eine Habilitationsschrift mit dem Titel „Rechtsästhetik“ klingt hingegen schön und vielversprechend, vor allem mit dem Untertitel „Sinnliche Analogien im juristischen Denken“.

Noch interessanter wird es in der Kategorie Rechtsbücher für Laien. Da kann man sich richtig austoben, zum Beispiel mit Titeln wie „Welches Recht gilt bei Mord im Weltraum?“ oder „Darf man eigentlich Zombies töten?“ Von solchen Büchern darf man allerdings inhaltlich nicht allzu viel erwarten. Gleiches gilt bei einem anderen, leider boomenden Genre: Enthüllungsbücher von Insidern über vermeintliche Missstände. Sie haben meist reißerische Titel: „Urteil: ungerecht – Ein Richter deckt auf, warum unsere Justiz versagt“. Oder: „Rechtsstaat am Ende – Ein Staatsanwalt schlägt Alarm“.

Auch eine aktuelle Neuerscheinung aus dem Bereich der Studienratgeber setzt im Titel stark auf Emotionalität und Zuspitzung: „Survival Guide Jura“. Wer das Studium für einen Überlebenskampf hält, sollte vielleicht doch besser die Finger davon lassen.

Mit einem witzigen Wortspiel als Titel versucht es eine andere Neuerscheinung: „Jura not alone“. Hiergegen ist an sich nichts zu sagen, auch diese Kolumne war schließlich schon so betitelt (NJW-aktuell H. 42/2018, S. 7). Von den eingangs genannten Kriterien fehlt dem Buchtitel damit aber jedenfalls die Einzigartigkeit. Zumal es auch schon eine Community dieses Namens für Jurastudierende und Referendare sowie Variationen wie „Jura the one“ in Stellenanzeigen von Kanzleien gibt.

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Tobias Freudenberg ist Rechtsanwalt und Schriftleiter der NJW, Frankfurt a. M.