Anmerkung von
Rechtsanwältin Dr. Katrin Haußmann, Gleiss Lutz, Stuttgart
Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 21/2021 vom 27.05.2021
Diese Urteilsbesprechung ist Teil des wöchentlich erscheinenden Fachdienstes Arbeitsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Arbeitsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Arbeitsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de
Sachverhalt
Der Kläger forderte nach seiner Entlassung während der Probezeit von seinem Arbeitgeber, der Beklagten, Auskunft darüber, welche personenbezogene Daten von ihm verarbeitet werden. Außerdem verlangte er eine Kopie der Daten und stützte sich auf Art. 15 III DS-GVO. Die Beklagte erteilte die Auskunft und setzte sich über den Anspruch auf Erteilung der Datenkopie arbeitsgerichtlich weiter mit dem Kläger auseinander. Der Antrag war gerichtet auf „eine Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von ihr [der Beklagten] vorgenommenen Verarbeitung sind“. Das LAG gab dem Antrag teilweise statt. Es wies den Antrag insoweit ab, als der Kläger damit auch Herausgabe von Kopien seines E-Mail-Verkehrs verlangte. Das LAG hielt diese Einschränkung für begründet, weil der Schutzzweck des Antrags sich nicht auf Korrespondenzen beziehe, die dem Kläger bekannt seien, weil er sie selbst geführt oder erhalten hätte.
Entscheidung
Der 2. Senat des BAG wies die Revision des Klägers zurück. Das Gericht ließ offen, ob auch Kopien von E-Mails gefordert werden könnten. Entscheidend sei, dass das Klagebegehren nur dann erfolgreich sein könne, wenn der Klageantrag hinreichend bestimmt formuliert sei. § 253 II 2 ZPO verlange eine Bezeichnung, die im Vollstreckungsverfahren ohne weitere Zweifel erlaube festzustellen, welche E-Mails Gegenstand der Verurteilung sind. Diesen Anforderungen genügte der Antrag des Klägers nicht. Für das BAG blieb unklar, welche E-Mails die Beklagte zu überlassen hätte. Wenn der Kläger zunächst nicht in der Lage sei, das Klagebegehren hinreichend bestimmt zu formulieren, bliebe ihm der Weg der Stufenklage nach § 254 ZPO. Dagegen hatte das Berufungsgericht die Zulässigkeit bejaht, aber eingegrenzt, dass der Anspruch nur begründet sei, soweit Daten „einen gewissen Grad an Aussagekraft“ über die betroffene Person hätten. Nur dann, wenn eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeitet würde, könne der Arbeitgeber verlangen, dass die betroffene Person präzisiere, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich das Auskunftsersuchen beziehe. Das BAG verlangt diese Eingrenzung im Antrag als Zulässigkeitsvoraussetzung.
Praxishinweis
Der Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie nach Art. 15 III DS-GVO dient dem Zweck, betroffenen Personen eine Überprüfung der Verarbeitung ihrer Daten zu ermöglichen. Ein solcher Anspruch war 2018 Gegenstand einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (ArbRAktuell 2019, 227). Dort war das Auskunftsverlangen des Klägers konkreter gefasst und dadurch veranlasst, dass er Anhaltspunkte sah, dass der Arbeitgeber bei einem Compliance-Check auf seine personenbezogenen Daten Regelverstöße dokumentiert hatte. Die Beklagte berief sich auf ihr Geheimhaltungsinteresse. Das LAG Baden-Württemberg kam zu dem Ergebnis, dass das Geheimhaltungsinteresse sowohl dem Auskunftsanspruch als auch dem Anspruch auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten entgegenstehen könnte. Es müsse aber eine auf die konkreten Umstände des Einzelfalls bezogene Güterabwägung zwischen Geheimhaltungsinteressen des Arbeitgebers und dem Auskunftsinteresse des Arbeitnehmers vorgenommen werden. Dafür sei der Arbeitgeber darlegungspflichtig. Die Forderung des Klägers im vorliegenden Verfahren war weniger konkret, als im vom LAG Baden- Württemberg entschiedenen Fall.
Der unbestimmte Auskunftsanspruch und der Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie werden gelegentlich in Abfindungsverhandlungen instrumentalisiert. Ein allgemein gehaltener und wenig bestimmter Anspruch auf Auskunft und Erteilung einer Datenkopie verursacht beim Arbeitgeber erheblichen Aufwand. Der Aufwand wäre noch größer, wenn es Aufgabe des Arbeitgebers wäre, die unbestimmte Forderung zu erfüllen. Die Entscheidung des BAG begrenzt die Instrumentalisierung der Rechte aus Art. 15 DS-GVO und dient damit der Akzeptanz datenschutzrechtlicher Prinzipien. Wenn der Verzicht auf diese pauschal geltend gemachten Rechte als „Lästigkeit“ verbunden mit einer Abfindungserhöhung verhandelt würde, wäre der Eindruck eines bürokratischen Aufwands als Folge de DSGVO nachhaltiger, als die Einsicht in den Zweck des Transparenzgebotes.
Die Anmerkung beruht auf der Pressmitteilung des Gerichts (FD-ArbR 2021, 438427).